Das Künstlerhaus Wien, die Österreichische Gesellschaft für Architektur und der Böhlau Verlag laden zur Buchpräsentation und zur Feier des 85. Geburtstages des Autors.
Künstlerhaus, Ranftlzimmer, Karlsplatz 5, 1010 Wien
Strategien der Sichtbarkeit in der Architektur
Transparenz - Strategien der Sichtbarkeit in der Architektur
Mit dem Thema der Transparenz thematisiert die ÖGFA im Jahresprogramm 2006 einen Schlüsselbegriff der architektonischen Moderne, dessen Bedeutung sich zwischen aufklärerischen und emanzipatorischen Motiven auf der einen Seite und disziplinierenden, kontrollierenden Aspekten auf der anderen Seite hin und her bewegt. Transparenz wurde einerseits zu einer zentralen Metapher eines moralischen Imperativs demokratischer Gesellschaften im Sinne der Durchschaubarkeit institutioneller Abläufe wie auch andererseits zu einem Sinnbild der Überwachung im Ausdruck des „gläsernen Menschen“.
In der Architekturgeschichte war Transparenz, ermöglicht durch die technologischen Entwicklungen rund um den Werkstoff Glas, ein Leitmotiv der modernen Bewegung, deren Vorläufer die Glaspaläste des 19. Jahrhunderts waren. Bereits im 18. Jahrhundert allerdings wurde von Jeremy Bentham das Prinzip des Panopticons entwickelt, mit dem durch Transparenz neue Formen von Disziplinierung und Kontrolle ermöglicht wurden. Die Ambivalenz des Begriffs der Transparenz wurde unter anderem von Colin Rowe und Robert Slutzky in ihrem kanonisierten Text „Transparency“ anhand der Diskussion von Gebäuden Le Corbusiers oder Gropius als Entscheidung zwischen einer „sprichwörtlichen“ Transparenz und einer konzeptuellen, „phänomenologischen Transparenz“ artikuliert. Anthony Vidler wiederum wies in „The Architectural Uncanny“ darauf hin, wie schnell gläserne Transparenz in Undurchsichtigkeit oder auch in Spiegelung umschlagen kann.
Nicht zufällig spricht Vidler von Transparenz im Zusammenhang mit dem Unheimlichen. Wollte man einst den Mythos, die Tyrannei und das Irrationale durch Transparenz auslöschen, so schleicht sich das Ausgegrenzte durch die vielfältigen Möglichkeiten der Überwachung wieder ein. Genau in der engen Verbindung dieser beiden Vektoren, in der Fähigkeit, vom einen zum anderen hinüber zu gleiten, liegt für ihn das Unheimliche begründet. Ging es zu Anfang des 20. Jahrhunderts noch vor allem um die Kontrolle und Domestizierung des Außen, wie etwa beim Aussichtsfenster, das eine Art visueller Besitzerschaft der ästhetisch gerahmten Landschaft suggeriert, so scheint gegenwärtig die medial gestützte Beobachtung des Subjekts durch immaterielle Techniken der Datenerhebung die These zu unterstützen, das „verkabelte“ Haus werde durch immaterielle, mediale Kanäle mindestens ebenso überwacht wie die Landschaft durch das Fenster.
Nach der postmodernen Kritik der Transparenz als Bestandteil funktionalistischer Architekturansätze hat das Thema unter stark imagepolitisch geprägten Vorzeichen wieder Konjunktur. Spätestens seit den französischen „Grands Projets“ manifestiert sich die „unheimliche“ Rückkehr der Transparenz in der Architektur unter den Vorzeichen einer mediatisierten Wahrnehmung von Raum und Stadt. Hier ging es vor allem um die Inszenierung von Architektur mittels Transparenz als ein Bild - um eine Imagepolitik, die in der Verwandlung der Realität in ein Bild der Realität ein Mittel zur politischen Instrumentalisierbarkeit von Architektur erkennt. Ist mit der großflächigen, forcierten Verwendung von Glas eine Legitimation der Politik unter dem Motto der Transparenz gemeint, so kann realpolitisch in Frage gestellt werden, ob diese gebauten Metaphern für Zugänglichkeit und Durchlässigkeit über ein an ihren Oberflächen konstruiertes Bild hinausgehen. Mit der monumentalen Kulissenhaftigkeit von Bauten wie etwa Perraults Nationalbibliothek geht zudem eine Theatralisierung des städtischen Raums im Sinn einer urbanen Eventkultur und Stadtprogrammierung einher. Auch die mit der Verwendung von z.B. entspiegeltem Glas prekär gewordene Grenze zwischen Innen- und Außenraum bedingt ein Subjekt, das sowohl um die Omnipräsenz eines alles durchdringenden Blicks weiß als auch um sein unentwegtes Gesehenwerden.
Das Wissen um das Gesehenwerden ist der zentrale Modus der Kontrolle in dem von Foucault thematisierten Gefängnismodell des Panopticons, das die permanente reale Anwesenheit des kontrollierenden Blicks überflüssig macht, solange nur die aktualisierbare Möglichkeit von Transparenz besteht. Ulrich Bröckling verwies mit seinem Begriff des demokratisierten Panopticons auf die gegenwärtigen Mikrotechnologien der Macht, die in den flexibilisierten Arbeitswelten zeitgenössischer Büroumgebungen eine neue Form der Transparenz herausbilden, die sich vom materialisierten Bild der blickdurchlässigen Fassaden entkoppelt und einen internalisierten beobachtenden Blick adressiert. So wird etwa in so genannten „360-Grad-Feedbacks“ die „Performance“ von Mitarbeitern durch ihre Kollegen evaluiert, aber man bewertet sich dabei auch selbst. Damit ist ein Regime der reziproken Sichtbarkeit installiert, das über die räumliche Konfiguration hinaus eine Ökonomisierung und Normierung sozialer Verhältnisse bedingt, dessen Konsequenzen für die Architektur auch in ihren eigenen Produktions- und Verfahrensweisen auszuloten sein wird.
Entscheidend am aktuellen ÖGFA Schwerpunkt „Transparenz – Strategien der Sichtbarkeit in der Architektur“ wird sein, dass damit einerseits ganz simpel eine Materialeigenschaft beschrieben ist, andererseits aber vor allem eine Wahrnehmungsfigur angesprochen ist, die über je spezifische Blickregime auch die Rolle und das Bild des Subjekts als sozial und kulturell produzierte Idee verhandeln lässt.
Angesichts eines viel beschworenen „Pictorial Turns“ in einer visuell dominierten Kultur sollen entlang des Begriffs der Transparenz die Möglichkeiten der Architektur ausgelotet werden, innerhalb einer kulturellen Logik der Bildproduktion und Imagepolitik einzugreifen.
Christian Teckert
Rückblick
Kaum ein Begriff in der Alltagssprache der Architektur ist, wenn es um die Beschreibung der als positiv verbuchbaren Eigenschaften gegenwärtiger Gebäude geht, populärer als die viel beschworene „Transparenz“. Auf allen Ebenen, von der Unternehmensorganisation über die Außenwirkung von Institutionen bis hin zur Architektur ist die Rede von einem „Mehr an Transparenz“. Hier scheint ein schon einmal in die Krise geratenes Paradigma der klassischen Moderne wieder auferstanden zu sein, allerdings unter veränderten Vorzeichen. Ging es Anfang des 20. Jahrhunderts um das emanzipatorische Versprechen einer offenen, modernen Gesellschaft und die Auflösung von Dichotomien zwischen innen und außen, so kann man heute geradezu von einem gesellschaftlichen Druck zur inszenierten Zurschaustellung von Sichtbarkeit sprechen, angesichts dessen Transparenz oft den Status einer Maskierung, eines Images einnimmt.
Der ÖGFA-Programmschwerpunkt 2006/2007 zum Thema „Transparenz. Strategien der Sichtbarkeit in der Architektur“ war von dem Anliegen geprägt, die Ambivalenz dieses Begriffs zwischen Emanzipation und Kontrolle herauszuarbeiten und speziell die ideologischen Motive und Blickregime hinter dem Einsatz von Transparenz zu beleuchten. Die präsentierten Positionen waren dabei disziplinär zumeist in Zwischenzonen beheimatet, in denen die Thematisierung der Schnittstelle des eigenen Handelns ebenso wichtig erscheint wie die architektonische Membran zwischen innen und außen. So waren mit Jonathan Hill, Nikolaus Hirsch, Bernd Vlay und Eyal Weizman sowie den Gruppen 51N4E und muf architecture/art ArchitektInnen eingeladen, die über ihre architektonische Praxis hinaus immer wieder in gesellschaftspolitische Kontexte hinein agieren und sich – wie auch die Vortragenden Angelika Fitz oder Tom Holert – auf breitem kulturwissenschaftlichem Terrain bewegen.
Neben architekturtheoretischen Ansätzen zu einer Re-Evaluierung historischer Paradigmen der Moderne wie bei Jörg Gleiter und Anders Munch war es auch ein zentrales Anliegen der Reihe, die speziell von Seiten der Kunst erfolgte Auseinandersetzung mit dem Thema „Transparenz und Sichtbarkeit“ und auch ihr kritisches Potential zu integrieren. Neben einem Vortrag der KünstlerInnen Sabine Bitter und Helmut Weber wurden erstmals drei Filmprogramme mit Beiträgen von KünstlerInnen – kuratiert von Melanie Ohnemus – in die Reihe des Jahresschwerpunkts eingearbeitet.
Die beiden im März 2007 angesetzten Vorträge von Klaus Neundlinger und Annette Fierro werden noch einmal verstärkt einen politischen und ideologiekritischen Zugang zum Material Glas wie auch zu den imagepolitischen Instrumentalisierungen des Transparenz-Begriffs bilden und eine Reihe abschließen, deren Agenda die Verknüpfung zeitgenössischer Theorieproduktion mit konkreten politischen und architektonischen Fragestellungen, Materialitäten und Sichtbarkeiten war.
Der ÖGFA-Programmschwerpunkt „Transparenz. Strategien der Sichtbarkeit in der Architektur“ wurde kuratiert von Christian Teckert mit Unterstützung von Iris Meder, Andreas Rumpfhuber und Robert Temel. Das Film- und Videoprogramm zum Schwerpunkt gestaltete Melanie Ohnemus.
apalaver: Interview zum Schwerpunkt mit Christian Teckert und Robert Temel
Das Künstlerhaus Wien, die Österreichische Gesellschaft für Architektur und der Böhlau Verlag laden zur Buchpräsentation und zur Feier des 85. Geburtstages des Autors.
Künstlerhaus, Ranftlzimmer, Karlsplatz 5, 1010 Wien
Die ÖGFA lädt in Kooperation mit der TU Wien, Institut für Architektur und Entwerfen, zum Werkvortrag der Schweizer Architekten Gramazio & Kohler, die sich sowohl durch ihr architektonisches Schaffen wie auch durch ihre Forschungstätigkeit an der ETH Zürich einen Namen gemacht haben.
Hörsaal 7 (Schütte-Lihotzky) - TU Wien,Institut für Architektur und Entwerfen,1040 Wien, Eingang Paniglgasse 14/Stiege 7
Vortrag von in englischer Sprache von Annette Fiero im Rahmen der Reihe Transparenz - Strategien der Sichtbarkeit in der Architektur.
Justizcafe im Oberlandesgericht WienSchmerlingplatz 11, 1010 Wien
Vortrag von Klaus Neundlinger im Rahmen der Reihe Transparenz - Strategien der Sichtbarkeit in der Architektur.
MUMOK, LoungeMuseumsplatz 1, 1070 Wien
Podiumsdiskussion mit Mona Müry-Leitner, Christian Kühn, Reinhard Seiß, Andrea Breitfuß, Silja Tillner und Siegfried Mattl.
Bene, Renngasse 6, 1010 Wien(U2 Schottentor/U3 Herrengasse; Nähe Freyung)
Vortrag in englischer Sprache von Jonathan Hill im Rahmen der Reihe Transparenz - Strategien der Sichtbarkeit in der Architektur.
Künstlerhaus, Hauptgebäude,Karlsplatz 5, 1010 Wien
Josef Franks Haus Beer in der Wenzgasse im Hietzinger Cottageviertel nimmt innerhalb der Moderne der österreichischen Zwischenkriegszeit eine herausragende Stellung ein. Ohne Zweifel kann der Bau als das Schlüsselwerk der Wiener Schule der skeptischen Moderne gesehen werden.....
Hochhaus Herrengasse 6-8, 1010 Wien, EG, Geschäftslokal Fahnengasse
Vorträge von Sabine Bitter und Helmut Weber im Rahmen der Reihe Transparenz - Strategien der Sichtbarkeit in der Architektur.
Künstlerhaus, HauptgebäudeKarlsplatz 5, 1010 Wien
Vortrag von Tom Holert im Rahmen der Reihe Transparenz - Strategien der Sichtbarkeit in der Architektur.
Künstlerhaus, PassagegalerieKarlsplatz 5, 1010 Wien
Vortrag von Sophie Handler in englischer Sprache im Rahmen der Reihe Transparenz - Strategien der Sichtbarkeit in der Architektur.
Künstlerhaus, PassagegalerieKarlsplatz 5, 1010 Wien
Vortrag von Nikolaus Hirsch im Rahmen der Reihe Transparenz - Strategien der Sichtbarkeit in der Architektur.
Künstlerhaus, PassagegalerieKarlsplatz 5, 1010 Wien
Wien
Filme von Dan Graham, Dorit Margreiter, Mike Mills und Mika Taanila. Kuratiert von Melanie Ohnemus im Rahmen der Reihe Transparenz - Strategien der Sichtbarkeit in der Architektur.
Künstlerhaus, RanftlzimmerKarlsplatz 5, 1010 Wien
UmBau Relaunch Preview mit Clemens Schedler und der UmBau-Redaktion Musik: Lola & Bolek,Didier Pilier (H.A.P.P.Y, Beatzentrale)
Salle de Bal, Französisches Kulturinstitut WienPalais Clam-GallasWähringerstraße 30, 1090 Wien
"Friedrich Kurrent ist ein Moralist von der unbestechlichen, aber auch anstrengenden und unbequemen Art, dem man nicht leicht verzeihen kann, dass er meist recht hat." Friedrich Achleitner
Sommerein am Leithagebirge,Hauptstraße 61/Maria-Biljan-Bilger-Weg
fluc_2Praterstern, Fußgängerpassage zum RiesenradGabor-Steiner-Weg, 1020 Wien
Vortrag von Nikolaus Hirsch im Rahmen der Reihe Transparenz - Strategien der Sichtbarkeit in der Architektur.
Künstlerhaus, RanftlzimmerKarlsplatz 5, 1010 Wien
Mit Filmen von Annika Eriksson, Carey Young, Harun Farocki, Thomas Tielsch und Niels Bolbrinkger. Kuratiert von Melanie Ohnemus im Rahmen der Reihe Transparenz - Strategien der Sichtbarkeit in der Architektur.
Künstlerhaus, RanftlzimmerKarlsplatz 5, 1010 Wien
Vortrag von Jörg Gleiter im Rahmen der Reihe Transparenz - Strategien der Sichtbarkeit in der Architektur.
Künstlerhaus, Passagegalerie, Karlsplatz 5, 1010 Wien
Vortrag in englischer Sprache von Eyal Weizman im Rahmen der Reihe Transparenz - Strategien der Sichtbarkeit in der Architektur.
KünstlerhausHausgalerie im HauptgebäudeKarlsplatz 51010 Wien
Mit Filmen von Gordon Matta-Clark, Nicole Wermers, Mark Lewis, Isa Genzken. Kuratiert von Melanie Ohnemus im Rahmen der Reihe Transparenz - Strategien der Sichtbarkeit in der Architektur.
KünstlerhausPassagegalerieKarlsplatz 51010 Wien
Vortrag in englischer Sprache von Anders Munch im Rahmen der Reihe Transparenz - Strategien der Sichtbarkeit in der Architektur.
KünstlerhausHausgalerie im HauptgebäudeKarlsplatz 51010 Wien
Vorträge von Angelika Fitz und Bernd Vlay mit anschließender Diskussion im Rahmen der Reihe Transparenz - Strategien der Sichtbarkeit in der Architektur.
Künstlerhaus, Hausgalerie im HauptgebäudeKarlsplatz 5, 1010 Wien
Kuratierung: Christian Teckert, Andreas Rumpfhuber, Iris Meder| Kuratierung Filmreihe: Melanie Ohnemus| apalaver: Interview zum Schwerpunkt mit Christian Teckert und Robert Temel
Österreichische Gesellschaft für ArchitekturLiechtensteinstraße 46A+43-1-319 77 15+43-1-319 77 15