Friedrich Achleitner
Gründungsmitglied der ÖGFA. 2017 Verleihung der Ehrenmitgliedschaft
Persönliche Daten
Ausbildung
Beruflicher Werdegang, Lehrtätigkeit
Auszeichnungen
Mitgliedschaften
Vita
ÖGFA-Bezug
Werke (Auswahl)
Quellen (Auswahl)
Anmerkungen
Persönliche Daten
* 23.05.1930, Schalchen
† 27.03.2019, Wien
Ausbildung
bis 1949 | Matura an der Höheren Bundesgewerbeschule in Salzburg, Abteilung Hochbau | |
1950-1953 | Studium der Architektur und Diplom, Meisterschule Clemens Holzmeister, Akademie der bildenden Künste Wien | |
1953-1955 | Bühnenbild Meisterschule Emil Pirchan, Akademie der bildenden Künste Wien | |
1981 | Promotion an der Technischen Universität Graz |
Beruflicher Werdegang, Lehrtätigkeit
1953–1958 | Freischaffender Architekt, Zusammenarbeit mit Johann Georg Gsteu | |
1958 | Achleitner beendet seine Tätigkeit als Architekt und wird freier Schriftsteller. Als Mitglied der legendären „wiener gruppe“ mit H. C. Artmann, Konrad Bayer, Gerhard Rühm und Oswald Wiener schreibt er Dialektgedichte und konkrete Poesie und wirkt 1958 und 1959 an Aufführungen des „literarischen cabarets“ mit. |
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1961 | Architekturkritiker der „Abend-Zeitung“ | |
1962–1972 | Architekturkritiker der Tageszeitung „Die Presse“ | |
1963–1983 | Lehrauftrag für „Geschichte der Baukonstruktion“ an der Akademie der bildenden Künste Wien | |
1965–2010 | Friedrich Achleitner schreibt „Architekturführer zur Österreichischen Architektur im 20. Jahrhundert“ | |
1983–1998 | Vorstand der Lehrkanzel für „Geschichte und Theorie der Architektur“ an der Hochschule (heute Universität) für angewandte Kunst in Wien | |
1998 | Emeritierung | |
1999 | Ankauf von Teilen des Vorlasses (Achleitner Archiv zur österreichischen Architektur des 20. Jahrhunderts) von der Stadt Wien und Übergabe an das Architekturzentrum Wien | |
2010–2012 | Universitätslektor an der Kunstuniversität Linz |
Auszeichnungen
1957 | Theodor-Körner-Preis (mit J. G. Gsteu) | |
1980 | Preis für Architekturpublizistik der ÖGFA | |
1982 | Prechtl-Medaille der Technischen Universität Wien | |
1983 | Camillo Sitte-Preis | |
1984 | Österreichischer Staatspreis für Kulturpublizistik | |
1989 | Kulturpreis der Stadt Kapfenberg | |
1990 | Preis der Stadt Wien für Kulturpublizistik | |
1994 | Kärntner Würdigungspreis für Baukultur | |
1995 | Kulturpreis des Landes Oberösterreich für Architektur | |
1995 | Ehrenmedaille der Bundeshauptstadt Wien in Gold | |
1999 | Preis des Architekturmuseums Basel | |
2002 | Goldenes Ehrenzeichen für Verdienste um das Land Wien | |
2004 | Mauriz Balzarek-Preis des Landes Oberösterreich | |
2006 | Montfortorden in Gold (Land Vorarlberg) | |
2007 | Ehrenring der Universität für angewandte Kunst Wien | |
2007 | Ehrenmitglied der Wiener Secession | |
2007 | Preis der Stadt Wien für Literatur | |
2008 | Erich Schelling-Preis für Architekturtheorie (Karlsruhe) | |
2008 | Heinrich-Gleißner-Preis | |
2010 | Ehrendoktorat der Kunstuniversität Linz | |
2011 | Paul Watzlawick-Ehrenring | |
2014 | Verleihung des Österreichischen Ehrenkreuzes für Wissenschaft und Kunst 1. Klasse |
Mitgliedschaften
1965 | ÖGFA Gründung, gemeinsam mit Maria Biljan-Bilger, Sokratis Dimitriou, Wolfgang Gleissner, Viktor Hufnagl, Friedrich Kurrent, Traude Windbrechtinger und Wolfgang Windbrechtinger | |
1965-1970 | ÖGFA Vorstandsmitglied | |
1981-1988 | ÖGFA Vorstandsmitglied | |
1981 | ÖGFA Vorstandsvorsitzender |
In der elterlichen Landwirtschaft am Rande des Kobernaußerwaldes sah Friedrich Achleitner für sich keine Zukunft. Die zeichnerische und technische Begabung förderte sein Vater, der das eigene Mühlenbaustudium einst für den Hof aufgegeben hatte. Achleitners Interesse an Literatur und Sprache wurzelt nach eigener Aussage in der Schulzeit. Die Kriegsjahre 1942–1945 verbrachte er an einer NS-Internatsschule (Napola) im enteigneten Kloster Seckau. Ausgerechnet dort habe es „neben militaristischen Pädagogen einen jungen Literaturbegeisterten und etwas subversiven Deutschlehrer“ gegeben, der mit seinen Aufsatzthemen und abendlichen Lesungen Begeisterung weckte. Während der Gewerbeschulzeit in Salzburg – wo er u.a. mit Johann Georg Gsteu, Wilhelm Holzbauer, Friedrich Kurrent und Hans Puchhammer die Schulbank drückte – las Achleitner Georg Trakl und Alfred Kubin und verfasste erste Sonette, die von August von Platen inspiriert waren.
Nach der Matura und einem Praktikum bei einem Stadtbaumeister in Salzburg zog er 1950 für das Architekturstudium an der Akademie der bildenden Künste nach Wien. 1953 planten die frisch diplomierten Architekten Achleitner und Gsteu für das abgebrannte Haus seiner Familie in Schalchen einen Neubau und erhielten den Auftrag für die Errichtung eines Freilandstalles samt Melkstand. Die Arbeitsgemeinschaft „Achleitner – Gsteu“ mit winzigem Büro in der Wiener Nibelungengasse nahm glücklos an mehreren Architekturwettbewerben teil, arbeitete bei Prof. Pirchan an Bühnenbildern und plante und baute an einem kleinen Haus in Breitenfurt. Der Umbau der Rosenkranzkirche in Hetzendorf firmierte auf Wunsch Achleitners bereits unter „Gsteu – Achleitner“. 1956 und 1957 besuchte Achleitner an der Sommerakademie in Salzburg die legendären Konrad Wachsmann-Seminare, wandte sich aber zugleich immer stärker der Poesie zu. Im Art Club hatte er Gerhard Rühm und H. C. Artmann kennengelernt, 1955 war er bei einem Sommerfest in Arnulf Rainers Villa auch auf Konrad Bayer und Oswald Wiener getroffen. Ermuntert von den neuen Dichterfreunden schrieb Achleitner nicht nur experimentelle Lautgedichte und Montagetexte, sondern auch Dialektgedichte, um die karge bildlose Sprache seiner Innviertler Kindheit mit den Mitteln der konkreten Poesie zu erkunden. Bei der ersten öffentlichen Lesung der (damals noch nicht so genannten) Wiener Gruppe im Theater in der Liliengasse 1957 saß der ehrwürdige Heimito von Doderer begeistert in der ersten Reihe. Mit den beiden „literarischen carbarets“ 1958 und 1959 lotete die Wiener Gruppe in provozierenden Auftritten das Potenzial eines „totalen Theaters“ aus – auf die lustvoll zelebrierte Klavierzertrümmerung wurde Achleitner noch Jahre später angesprochen.
1958 hatte er seine Tätigkeit als „bauender Architekt“ endgültig beendet und diesen Schritt mit dem Verkauf seiner Architekturbibliothek besiegelt. Für den gewonnenen Wettbewerb für ein Seelsorgezentrum in Steyr-Ennsleite zog Gsteu, der sich das Projekt allein nicht zutraute, Friedrich Kurrent und Johannes Spalt bei.
Voller Erwartung brachten Achleitner, Artmann und Rühm 1959 den Dialektgedichtband hosn rosn baa heraus. Die Hoffnung, damit ähnlich begeisterte Resonanz auszulösen wie Artmann zuvor mit med ana schwoazzn dintn, erfüllte sich damals nicht.
In den folgenden Jahren hob Friedrich Achleitner die Architekturkritik in der Tages- und Wochenpresse auf ein neues Niveau: 1961 berichtete er auf Vermittlung von Dorothea Zeemann unter dem Pseudonym „christon“ (Mädchenname der Mutter) in der „Abend-Zeitung“ über „Bausünden“, ab 1962 bespielte er zehn Jahre lang wöchentlich in „Die Presse“ die Rubrik „Neues Bauen kritisch betrachtet“. Ein DAAD-Stipendium nach Berlin ermöglichte 1973 den ersehnten Ausstieg und die Arbeit am „quadratroman“.
Neben der Hochschullehre rückte die „Österreichische Architektur im 20. Jahrhundert“ immer mehr ins Zentrum: 2010 schloss Achleitner das Großprojekt ab, das 1965 in völliger Unterschätzung der eigenen Gründlichkeit als österreichweiter Architekturführer im handlichen Taschenformat konzipiert worden war. Die ab 1980 in Einzelbänden erschienene Dokumentation (Niederösterreich blieb nachfolgenden Forscher:innen überlassen) geht über die architekturhistorische Faktensammlung weit hinaus. In der Hinwendung zu den Bauten des „gewöhnlichen Bedarfs“ gelang es Achleitner, von der Würdigung architektonischer Einzelleistungen zur umfassenden Darstellung baugeschichtlicher Phänomene vorzudringen. Das ausgedehnte Karteikarten-Material der architektonischen Kartographierung zog sich in der konkreten Schreibarbeit zur Essenz zusammen: Nicht selten erfasste Achleitner den Charakter eines Hauses mit einem einzigen Satz.
Friedrich Achleitner hat seine beiden Schreibsphären stets säuberlich getrennt gehalten. Die Literatur stand immer auf der Seite des Vergnügens, während das Schreiben über Architektur für ihn immer Knochenarbeit war. Die Unmöglichkeit, über Architektur zu schreiben hat Achleitner in anhaltender Textproduktion ins Reich der Paradoxa verwiesen. Als junger Dichter hatte er der Abbildungsfunktion der beschreibenden Literatur den Kampf angesagt und die konkrete Materialität der Sprache in den Mittelpunkt gerückt. Auf der anderen Seite brachte ihm die Architekturkritik eine Art Beschreibungszwang ein – „lebenslänglich“, wie er ironisch ergänzte.
In der letzten Dekade seines Lebens kehrte Achleitner – als Autor und „Doyen“ der Architekturpublizistik weithin geschätzt – ganz zur Literatur zurück, schrieb an den „einschlafgeschichten“ und brachte in rascher Folge vier weitere Kurzprosabände heraus. Die Schreibluft in seinem Atelier in der Otto-Bauer-Gasse liebte er bis zuletzt über alles.
Friedrich Achleitner war 1965 Gründungsmitglied der ÖGFA und als Architekturkritiker bereits damals eine gewichtige Stimme. Dank seiner „sammelnden Sicht der Erscheinungen“ (Hermann Czech) brachte er eine breite Fach- und Projektkenntnis produktiv in die Programmgestaltung ein. Für die frühen Ausstellungskataloge der ÖGFA verfasste er profunde Überblickstexte zur zeitgenössischen Architektur in Österreich und zahlreiche Beiträge für die Zeitschrift UMBAU. 1970 zog sich Achleitner aus Zeitgründen aus dem Vorstand zurück, konnte aber ein Jahrzehnt später von den damals aktiven Vorstandsmitgliedern Otto Kapfinger, Dietmar Steiner und Gunther Wawrik überredet werden, sich wieder im Vorstand der ÖGFA zu engagieren, 1981 sogar als deren Vorsitzender.
Mit den Aktivitäten der ÖGFA blieb Achleitner über viele Vorstandsgenerationen verbunden, sei es als Vortragender, sei es als Ratgeber, sei es als kritisch wacher Veranstaltungsgast. Mit der ruhigen Autorität eines sicheren Urteils bereicherte er jede noch so hitzig geführte Debatte. Die 2017 verliehene Ehrenmitgliedschaft kommentierte er ohne Eitelkeit: „Man muss nur durchhalten und alt werden, dann kommen die Ehrungen von allein.“
(Gabriele Kaiser, 31.08.2023)
1956-1958 | Hetzendorfer Kirche (Rosenkranzkirche), 1120 Wien, mit Johann Georg Gsteu | |
ARCHITEKTURFÜHRER
Österreichische Architektur im 20. Jahrhundert. Ein Führer in drei [ab Band III/1: vier] Bänden, Hrsg. Museum moderner Kunst Wien bzw. Architekturzentrum Wien (Band III/3), Residenz Verlag Salzburg
1980 | Band I: Oberösterreich, Salzburg, Tirol, Vorarlberg | |
1983 | Band II. Kärnten, Steiermark, Burgenland | |
1990 | Band III/1: Wien, 1.-12. Bezirk | |
1995 | Band III/2: Wien, 13.-18. Bezirk | |
2010 | Band III/3: Wien, 19.-23. Bezirk |
ARCHITEKTURTEXTE und LITERARISCHE WERKE (Auswahl)
1959 | hosn rosn baa, Dialektgedichte mit H.C.Artmann und Gerhard Rühm, Wien | |
1960 | schwer schwarz, konkrete poesie, eugen gomringer press, Frauenfeld | |
1967 | die wiener gruppe, Hrsg. Gerhard Rühm, mit H.C. Artmann, Konrad Bayer, Gerhard Rühm, Oswald Wiener, Hamburg | |
1968 | Lois Welzenbacher 1889-1955, Monographie, mit Ottokar Uhl, Salzburg | |
1970 | prosa, konstellationen, montagen, dialektgedichte, studien, Hamburg | |
1973 | quadratroman, Darmstadt | |
1975 | Wohnen etcetera, München | |
1977 | Die WARE Landschaft. Eine kritische Analyse des Landschaftsbegriff, (Hrsg.), Salzburg | |
1980 | friedrich achleitner + gerhard rühm. super rekord 50+50, Linz | |
1986 | Nieder mit Fischer von Erlach. Architekturkritik, Salzburg-Wien | |
1987 | Aufforderung zum Vertrauen. Aufsätze zur Architektur, Salzburg-Wien | |
1991 | KAAS (Dialektgedichte), Salzburg | |
1994 | Die rückwärtsgewandte Utopie: Motor des Fortschritts in der Wiener Architektur?, Wien | |
1995 | Die Plotteggs kommen, Wien | |
1996 | Wiener Architektur. Zwischen typologischem Fatalismus und semantischem Schlamassel. (Kulturstudien), Wien | |
1997 | Region, ein Konstrukt? Regionalismus, eine Pleite?, Basel | |
2003 | einschlafgeschichten, Wien | |
2004 | wiener Iinien, Wien | |
2006 | und oder oder und, Wien | |
2009 | der springende punkt, Wien | |
2011 | iwahaubbd. Dialektgedichte, Wien | |
2013 | Den Toten eine Blume. Die Denkmäler von Bogdan Bogdanović, Wien |
2015 | Friedrich Achleitners Blick auf Österreichs Architektur nach 1945, Basel | |
2015 | Wie entwirft man einen Architekten? Porträts von Aalto bis Zumthor, Hrsg. diachron, Zürich | |
2015 | wortgesindel, Wien |
Quellen (Auswahl)
Friedrich Achleitner Archiv - Sammlungsbestand des Architekturzentrum Wien
Friedrich Achleitner in der österreichische mediathek
Wie entwirft man einen Architekten? Porträts von Aalto bis Zumthor, Hrsg. diachron (Eva Guttmann, Gabriele Kaiser, CLaudia Mazanek), Zürich, 2015
A Palaver 072 - Friedrich Achleitner
Anmerkungen
Beiträge von Friedrich Achleitner im UM_BAU
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Ins Leere gebaut? Zur Z-Filiale in Favoriten von Günther Domenig |
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Wiener Positionen und speziell die Frage nach der Transformation historischer Elemente |
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Psychogramm oder Gegenwelt? Über die Rolle der Zeichnung in der Architektur und über die Rolle der Architektur in der Zeichnung Rob Kriers |
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Die Monumentalität ist tot – es lebe das Monument; Zur neuen Staatsgalerie Stuttgart |
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Ausgewählte Beiträge zur Planung des Gürtels, der Süd- und Westeinfahrt Wiens |
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Architektur und Architekten in Österreich |
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Franks Weiterwirken in der neuen Wiener Architektur |
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Nachruf Ernst A. Plischke |
Beitrag über Friedrich Achleitner im UM_BAU
UmBau 12 Geburtstagswünsche für Friedrich Achleitner
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