UmBau 3 | 1980
deutsch, Eigenverlag, 80 S. VERGRIFFENUMBAU 3 könnte man als Zustandsschilderung der aktuellen Architekturdiskussion bezeichnen. Der Beitrag „Wiener Klima“ war neben den Einführungen von Kenneth Frampton und Andrew McNair der Eröffnungsvortrag der Ausstellungs- und Vortragstour jüngerer, österreichischer Architekten in den USA.
Diese Kurzcharakteristik wurde am 31.März 1980 am Institute for Architecture and Urban Studies in New York als erster von ca.50 Vorträgen in 10 verschiedenen Universitätsstädten in englischer Sprache gehalten. R.Kohouteks Beitrag wird in einem nächsten UMBAU erscheinen.
Das Architekturgespräch in der „Z“ war im Juni diesen Jahres ein weiterer Baustein des Versuchs – diesmal von der ÖGFA – Aspekte zur zeitgenössischen internationalen Architekturdiskussion beizusteuern. Die Beiträge von Martin Steinmann (Schweiz), Vittorio Magnago-Lampugnani (BRD) und Friedrich Achleitner (Österreich) spiegeln den Stand der Diskussion in diesen Ländern. Ohne den Artikeln vorgreifen zu wollen, könnte man sagen: Die Dimension der Mitteilung, die Architektur zu leisten imstande ist, tritt in den Vordergrund. Die Sprache erfährt „örtliche“ Abweichungen und bleibt doch auf die Universalität der Architektur als Disziplin bezogen.
Generalisierende Stellungnahmen, mehr der Erscheinung als deren Inhalt verpflichtet, verlieren sich gar zu leicht im Nebel des Unbestimmten.
Eine klare Meinung besitzt hier Kenneth Frampton. Auf den Umstand aufmerksam geworden, dass er seinen Beitrag von der Architekturbiennale zurückgezogen hatte, starteten wir eine abenteuerliche telefonische Suchaktion von Berlin bis New York. Aus einem zweiten Grund waren wir an der Meinung dieses wichtigen Historikers und Kritikers interessiert: sein streckenweise fast überschwänglicher Artikel im Katalog der Amerikaausstellung zeigt nicht nur seine Kenntnis des „Austrian mind“, sondern weist auf einen Vertreter der „unabgegoltenen Tradition der Moderne“, der die Hoffnung für eine angemessene zeitgenössische Architektur nicht zugunsten einer Eintagsfliege über Bord wirft.
Die kritische Würdigung der Architekturbiennale war für Otto Kapfinger und Dietmar Steiner der Anlass, nach einer Methode der Reflexion zu suchen, die dem Anlass analog ist. Dieses Protokoll, beginnend am Schlusstag der Ausstellung, wurde in Abschnitten verfasst: das Statement des einen diente dem anderen jeweils als Vorgabe. So entstand jeder Teil aus der Reaktion auf das Vorhandene (Vergangenheit) und im Einbringen des eigenen Anliegens (Gegenwart). Dissonanzen und Wiederholungen sind das Risiko dieser Methode. Auf die Methode des Entwurfes schielend könnte man die Frage stellen: Was hätte der Leser davon, wenn einer vom anderen abgeschrieben hätte oder versucht hätte, so zu tun, als ob alles nur von einem geschrieben wäre. Auf den Umgang mit Geschichte anspielend, sollte das Schreiben selbst zur Analogie des Gegenstandes werden.
Erzeugen nun die Zwischenräume der nichtvollendeten Gedanken beim Leser einen neuen Sinn – oder nur Verwirrung?
Egon Friedell erzählt in der Einleitung zur Kulturgeschichte der Neuzeit ein Anekdote von Henrik Ibsen, der als überzeugter Liberaler Bismarck verteidigte, und auf die überraschten Einwände antwortete: „Ja, haben sie denn noch nie bemerkt, dass bei jedem Gedanken, wenn man ihn zu Ende denkt, das Gegenteil herauskommt?“
UmBau 3
Österreichische Gesellschaft für Architektur (Hrsg.)
Wien 1980
80 Seiten, mit SW-Abbildungen.