Südtiroler Siedlungen – Condominium in mind
BuchpräsentationIn Folge des Optionsabkommens von 1939 setzte in ganz Österreich, an 130 Standorten, ein reger Siedlungsbau für die Südtiroler Auswanderer*innen ein. In vielen Gemeinden und Städten sind die Südtiroler Siedlungen bis heute zur Wohnversorgung wichtige und überdies ortsbildprägende Siedlungsbauten. Das vielschichtige Publikations-Projekt „Südtiroler Siedlungen – Condominium in mind“ arbeitet den umfassenden und großteils unveröffentlichten Fundus auf und zeigt anhand von rund 1500 Plänen aus der Errichtungszeit (1939 -1944), weiteren Originaldokumenten, sowie rund 1000 historischen Fotos und 2400 aktuellen Bildquellen die verschiedenen Zeithorizonte an einigen ausgewählten Siedlungsstandorten. Die „Südtiroler Siedlungen“ waren über Jahrzehnte ein Zufluchtsort für die Südtiroler Optanten, die in der neuen Heimat auf eine bessere Zukunft bauten. Die Optanten hatten eine doppelte Enttäuschung zu verkraften: Zunächst spürten sie die Kälte der ansässigen Bevölkerung, da sie eine Belastung bei der ohnedies knappen Versorgung mit Lebensmitteln darstellten. Diejenigen, die sich nach dem Krieg für die Rückoption entschieden, spürten, dass sie in Südtirol eher kühl empfangen wurden. Sie waren teilweise in Durchgangslagern untergebracht. Manche kehrten wieder zurück in die Südtiroler Siedlungen. Sie waren dreifach unter die Räder der Geschichte gekommen: Einmal durch den Faschismus, der ihnen ihre Identität und damit die angestammte Heimat nehmen wollte, dann durch das Deutsche Reich, das die falschen Versprechungen einer neuen Heimat gemacht hatte und schließlich die von Südtirol empfohlene, aber dann unerwünschte Rückkehr in die alte Heimat, was sie zu Migranten im eigenen Land machte.
Die jahrelange Arbeit des Kuratoriums für technische Kulturgüter Bozen/Innsbruck und der Universität Innsbruck, Institut für Baugeschichte, begeht Neuland und trägt zu einer Bewusstseinsbildung bei, die auf die städtebaulichen und architektonischen Qualitäten der Siedlungen neues Licht wirft. Was sagt uns die Südtiroler Siedlung als Wohnmodell heute? Wie lassen sich die Bauten behutsam erneuern und unter Beibehaltung ihrer wesentlichen Charakterzüge als Potenzial für heutiges Wohnen verstehen?
Mit den Autor*innen Wittfrida Mitterer (Hg.), Horst Hambrusch, Bruno Maldoner und Günther Pallaver
Moderation: Maik Novotny / ÖGFA