Vom Bau zum Umbau
Ein Symposium zur Bauwende
Symposium"Wir haben zu viel konsumiert, zu viele Ressourcen verbraucht.
Jetzt ist es an uns Architekten, das zu reparieren."
– Yasmeen Lari, Architektin, Pakistan
Dass die Bauwirtschaft für 40% der CO2-Emissionen verantwortlich ist, macht sie zum Klimasünder, gibt ihr aber auch die Verantwortung und die Mittel, genau diese Fehler zu korrigieren. Wie lässt sich diese Kehrtwende realisieren, und dies angesichts der Dringlichkeit auch möglichst schnell? Welche gesetzlichen Rahmenbedingungen braucht das Bauen, und welche Baukultur ist dafür notwendig? Welche Best Practice Beispiele gibt es schon? Wie kann gleichzeitig auf raumordnerischer Ebene und im kleinen Maßstab gehandelt werden? Brauchen wir einen Abriss-Stopp, eine Denkpause, oder gilt es, aktiv zu werden – nur eben anders als bisher? Wie müssen Institutionen, wie muss die Ausbildung umgebaut werden, um den Wandel von der Verschwendung, Ausbeutung und Zerstörung im Namen ewigen Wachstums hin zu einer schonenden Kultur und Bewusstsein des Umbauens und Reparierens, einer Reparaturgesellschaft (siehe ARCHplus Heft 250: The Great Repair) und einer architecture of care, vorzubereiten und ihm ein theoretisches Fundament zu geben?
Ein interdisziplinäres Symposium an diesem historischen Wendepunkt der menschlichen Zivilisation soll diese Fragen und Antworten bündeln. Konzipiert in Kooperation der IG Architektur und ÖGFA, soll eine Standortbestimmung und ein Ausblick in mögliche Handlungsfelder gegeben werden, die sich an alle Architekturschaffenden im weitesten Sinne wendet, von Bauträger*innen über Architekt*innen bis zu Lehrenden und Studierenden, aber auch eine größere Öffentlichkeit und die Bewohner*innen von Wien.
Das Forschungsprojekt startet mit einem inhaltlichen Schwerpunkt in Wien, wird sich aber auf einen internationalen Kontext ausbreiten, Best Practice Beispiele einbeziehen, um voneinander lernen zu können.
In drei thematischen Schwerpunkten wird der Bogen vom Maßstab der Raumordnung bis zum Detail gespannt. Baukulturelle, technische und juristische Aspekte des klimagerechten Bauens werden in den Dialog gesetzt, um Hindernisse und Handlungsmöglichkeiten zu ermitteln und darzustellen. Die Vortragenden für jeden Themenschwerpunkt werden bewusst aus den Feldern Theorie, Diskurs und Praxis zusammengestellt, um eine möglichst breite, gesellschaftsrelevante Debatte jenseits einzelner Fachgebiete zu ermöglichen.
Es ist keine Anmeldung erforderlich und die Teilnahme ist kostenlos.
Programm
09:30 Einlass
10:00 Begrüßung, Einführung
10:15 Keynote Werner Sobek
Block 1: Raum und Boden
10:50 - 13:00
Vortragende: Karoline Mayer (Kuratorin, Architekturzentrum Wien Az W), Sibylla Zech (TU Wien) und Ulrich Blanda (stadtland), Elias Molitschnig (Amt der Kärntner Landesregierung)
Diskussion: Cedric Fritz (Architects4Future), Katharina Ritter (Kuratorin, Architekturzentrum Wien Az W), Andreas Hacker (Stadt-Umland-Management, Wien, NÖ)
Moderation: Eva Schmolmüller / IG Architektur
13:00 - 14:00 Mittagspause
Block 2: Bau und Gesetz
14:00 - 16:10
Vortragende: Peter Bauer (werkraum Ingenieure, Kammer der Architekt*innen und Ziviltechniker*innen Wien, NÖ, Burgenland), Johanna Leissner (Fraunhofer Institut), Charlotte Malterre-Barthes (Harvard University, EPFL Lausanne)
Diskussion: Lukas Vejnik (Allianz für Substanz), Markus Zilker (einszueins Architekten)
Moderation: Maik Novotny / ÖGFA
16:10 - 16:30 Pause
Block 3: Baukultur und Bildung
16:30 - 19:00
Vortragende: Lorenzo de Chiffre und Eva Mair (TU Wien), Elisabeth Leitner (LandLuft), Heidi Pretterhofer und Michael Rieper (Kunstuniversität Linz, Professur für Baukultur)
Diskussion: Nicola Eller (ORF)
Moderation: Ulrich Huhs / ÖGFA
19:00 ENDE
Programm im Detail
Einführung: Vertreter*innen von ÖGFA und IG Architektur
Keynote: Werner Sobek (Werner Sobek Ingenieure)
Themenblock 1: Raum und Boden
Im ersten Themenschwerpunkt soll die Brücke vom Globalen zum Regionalen geschlagen werden. Die Raumordnung stellt eine wichtige langfristige Grundlage für unseren Umgang mit Ressourcen dar, gerade ihre langfristigen Prozesse stehen jedoch im Kontrast zur Dringlichkeit des Handelns in Bezug auf die Klimaziele.
Der Boden wird immer noch zu oft auf seine Rolle als wertsteigerndes potenzielles Bauland betrachtet, während er eine elementare und nicht vermehrbare Lebensgrundlage darstellt, die durch Extremwetterereignisse zusätzlich gefährdet und zerstört wird. Wie kann hier ein Umdenken erfolgen? Welche Strategien zum Stopp der Zersiedelung gibt es?
Vortragende:
Karoline Mayer (Kuratorin, Architekturzentrum Wien Az W): Boden für Alle
Sibylla Zech (TU Wien) und Ulrich Blanda (stadtland): Vom Umbau und Nicht-Bau
Elias Molitschnig (Amt der Kärntner Landesregierung): Baukultur = Bodenschutz
Diskussion: Cedric Fritz (Architects4Future), Katharina Ritter (Kuratorin, Architekturzentrum Wien Az W), Andreas Hacker (Stadt-Umland-Management, Wien, NÖ)
Moderation: Eva Schmolmüller / IG Architektur
Themenblock 2: Bau und Gesetz
Im zweiten Themenschwerpunkt wird die konkrete Baupraxis der Gegenwart beleuchtet. In Architektur, Bauwirtschaft und Forschung wurden in den letzten Jahren viele Analysen, Programme und Projekte zur Implementierung der Kreislaufwirtschaft initiiert und teilweise auch umgesetzt. Einige Best-Practice-Beispiele sollen im Rahmen des Symposiums vorgestellt werden.
Gleichzeitig steht eine Fülle von rechtlichen Rahmenbedingungen der Umsetzung oft im Weg. Gesetze, die sich oft gegenseitig widersprechen oder Leitlinien, die zwar sinnvoll sind, aber unverbindlich bleiben und ignoriert werden. Wo liegen hier die größten Hindernisse für eine Bauwende auf breiter Front? Wo muss mit Anreizen und wo muss mit Verboten gearbeitet werden? Wie lässt sich der Hebel der CO2-Bepreisung umsetzen?
Vortragende:
Charlotte Malterre-Barthes (Harvard University, EPFL Lausanne): A moratorium on new construction (Englisch)
Johanna Leissner (Fraunhofer Institut, Mitglied der EU Expert Group "Strengthening Cultural Heritage Resilience for Climate Change"): Klimawandel und Kulturerbe – eine europäische Perspektive
Peter Bauer (werkraum Ingenieure, Kammer der Architekt*innen und Ziviltechniker*innen Wien, NÖ, Burgenland)
Diskussion: Lukas Vejnik (Allianz für Substanz), Markus Zilker (einszueins Architekten)
Moderation: Maik Novotny / ÖGFA
Themenblock 3: Baukultur und Bildung
Der abschließende Themenschwerpunkt soll die gewonnenen Erkenntnisse zusammenfassen und die kulturellen und ästhetischen Aspekte eines Wandels vom Bau zum Umbau beleuchten. Vor Industrialisierung und sorgloser Ausbeutung fossiler Brennstoffe war eine Kultur der Reparatur und des Weiterbauens die Regel und nicht die Ausnahme. Oder, wie Architekt Hermann Czech schon vor 50 Jahren deklarierte: "Alles ist Umbau". Wie lässt sich heute ein gesamtgesellschaftliches Bewusstsein für Bau- und Energiewende erreichen? Kann die Schönheit von Reparaturen ein positives Bild einer postfossilen Zukunft vermitteln?
Hier spielen die Hochschulen als Zentren von Bildung und Diskurs eine Schlüsselrolle, ebenso wie Institutionen und zivilgesellschaftliche Initiativen, die sich um eine bessere Baukultur bemühen. Auch die mediale Vermittlung von Baukultur an die Bevölkerung soll hier zur Sprache kommen. Eine abschließende Diskussion soll einen zusammenfassenden Ausblick auf eine künftige Umbaukultur eröffnen.
Vortragende:
Elisabeth Leitner (Obfrau LandLuft, Mitinitiatorin RURASMUS): Baukultur landluftig kommunizieren
Lorenzo de Chiffre (TU Wien): Empathie. Zur Neuorientierung der Entwurfslehre an der TU Wien
Eva Mair (TU Wien): Universität als Reparaturlabor
Heidi Pretterhofer und Michael Rieper (Kunstuniversität Linz, Professur für Baukultur): Handle with Care!
Diskussion: Nicola Eller (ORF)
Moderation: Ulrich Huhs / ÖGFA
Mit Unterstützung von BMKÖS