ÖGFA Lecture #14 Schindler
Bosshard Vaquer Architekten, Zürich
VortragIm Jahr 1994 hielt Peter Zumthor einen Werkvortrag im ÖGFA Vereinslokal in der Liechtensteinstraße. Die Diskussion, die danach aufkam ist den Anwesenden genauso stark in Erinnerung geblieben, wie der Vortrag selbst. Unter anderem ging es um die Frage, wie eine derart zeitaufwändige Arbeitsweise überhaupt möglich sei.
Für die 14. Schindler Lecture freuen wir uns, die aufstrebenden Architekten Daniel Bosshard und Meritxell Vaquer, die ihre Lehrjahre in Zumthors Atelier verbrachten, nach Wien einzuladen.
Die einzelnen Projekte von Bosshard Vaquer stehen zwar für sich, sind jedoch verbunden durch eine vielschichtige Sensibilität, die die Architekten auf ihre Arbeit übertragen.
So schaffen Bosshard Vaquer etwa im Aufbahrungsgebäude Dietlikon in Zürich eine Abfolge von drei grundsätzlich unterschiedlichen Räumen mit unterschiedlicher Stimmung, die einen Übergang vom öffentlichen zum Privaten, zum Ort an dem die Toten ruhen, darstellen. “Zunächst der weite Blick in die Welt und die Natur, dann der Blick in den Himmel und schließlich der Blick in das Gesicht des Verstorbenen.“ (Hubertus Adam, archithese 1.2004) Damit die Begegnung der Angehörigen mit dem Verstorbenen im Vordergrund steht nimmt sich die Architektur zurück.
Auch die 1917 errichtete Aufbahrungshalle des Friedhofs Sihlfeld in Zürich, wurde 2004 von Bosshard Vaquer instandgesetzt und umgebaut. Im Zuge eines früheren Umbaus in den 1960er Jahren wurde das Innere des Gebäudes mit einer monochromen Farbschicht übertüncht, die die Zerstörung der Ornamente zur Folge hatte. Neben der Restrukturierung der Aufbahrungshalle haben die Architekten eine neue, subtile Interpretation dieser Ornamentik vorgenommen. Ihre Friesen fassen die ganze Wandoberfläche zusammen, statt sie, wie zuvor, in verschiedene Bereiche zu unterteilen. Dadurch setzen sich nun die horizontalen und vertikalen Flächen voneinander ab. Der filigrane Entwurf ruft Assoziationen mit Louis Sullivan hervor.
Dieses Jahr wurden Bosshard Vaquer, in Zusammenarbeit mit Caruso St John Architects, bereits als Sieger eines Wettbewerbs für ein Büro- und Wohngebäude im so genannten Stadtraum HB in Zürich ausgezeichnet. Das prominente Grundstück liegt auf der nordwestlichen Seite des Zürcher Bahnhofes. Das Team entwickelte eine städtebauliche Figur, die, „eine für Zürich ungewöhnliche urbane Verdichtung vorsieht. Der Randbebauung folgend entstehen über dem Erdgeschoss, in dem Läden vorgesehen sind, vier Bürogeschosse; mit zwei achtstöckigen Wohntürmen, die an den Eckpunkten auf die Bürogeschosse aufgepflockt sind. Ein spannungsvoller urbaner Kontrast entsteht“ so J. Christoph Bürkle. Ein Vergleich mit der Bebauung des Sonnwendviertels in Wien ist naheliegend.
Das bisherige Oeuvre von Bosshard Vaquer – hier an drei Beispielen demonstriert – zeigt, unter anderem, wie sehr sich die Architekten den Nutzern und der Gesellschaft verpflichtet fühlen.
Für Diskussionsstoff ist wieder gesorgt!
Daniel Bosshard
geb. 1966 in Zürich, Diplom ETH Zürich. 1993 Reisestipendium ETH Zürich. Ab 2000 Lehrtätigkeit an der ETH Zürich, USI Accademia di Architettura, Mendrisio, sowie UIC – Escola Superior d’Arquitectura Barcelona.
Meritxell Vaquer i Fernàndez
geb. 1971 in Barcelona, Diplom UPC ETSA Barcelona. Ab 1999 Lehrtätigkeit an der ETH Zürich, USI Accademia di Architettura, Mendrisio, sowie UIC – Escola Superior d’Arquitectura Barcelona.
Seit 2001 gemeinsames Büro. http://www.bosshardvaquer.com/
Bauten und Projekte (Auswahl):
Neubau Aufbahrungsgebäude Dietlikon, Zürich (2003); Aufbahrungshalle Friedhof Sihlfeld, Zürich (2004); Umbau eines inventarisierten Bauernhauses in Strubikon, Brütten (2003–); Neubau und Umbau Holzhaus in Sarreyer, Bagnes (2010); Umbau Aufbahrungsgebäude und Platzgestaltung Friedhof Rosenberg, Winterthur (2009); Tonhalle St. Gallen, Umbau Konzertsaal (2010); Friedhof-Forum Sihlfeld A, Zürich (in Bearbeitung); Neubau Geschäfts-/Wohnhaus Europaallee, Zürich, zusammen mit Caruso St John Architects (in Bearbeitung).
Im Anschluss laden wir zu Buffet und Umtrunk.
Kuratierung: Elise Feiersinger und Andreas Vass
Text: Elise Feiersinger