Ausstellungsführung: POWER
ExkursionPOWER verbindet die Felder Energie und Politik. Die Ausstellung macht die Wechselwirkung von Geopolitik, politischen Institutionen und Bewegungen mit der planerischen Arbeit in Architektur, Ingenieurwesen und Landschaftsgestaltung für die Erstellung von Infrastruktur deutlich. Von Öl- und Gaspipelines bis zu Mikrochips, von Windturbinen bis zu Recyclingzentren – Infrastrukturen bestimmen das Leben auf vielfältige Weise. Oft sind sie Gegenstand intensiv geführter Debatten und setzen ein Verständnis von POWER im doppelten Sinne des Wortes voraus: Energie und Macht. Themen der Ausstellung sind die Anfänge des europäischen Projekts, der Optimismus der frühen nuklearen Ära, die Vorreiter der ökologischen Wende und die energetische Transformation hin zu erneuerbaren Energien und Zirkularität.
Transformation der Energiesysteme
Seit dem Ausbruch des Krieges in der Ukraine hat sich die energetische Transformation – und damit der Systemwandel – weiter beschleunigt. Ein Anstieg der Strompreise, neue Gesetzesinitiativen und Bauvorschriften stellen auch die Rolle von Architekt|innen, Ingenieur|innen und Landschaftsplaner|innen in Frage und definieren sie neu
Kohle, Stahl und Europa
Ausgangspunkt der Ausstellung ist die Entstehung des europäischen Projekts. Nach der Katastrophe des Zweiten Weltkrieges begann die europäische Zusammenarbeit zunächst in den Bereichen Energie und Baumaterialien: die Europäische Gemeinschaft für Kohle und Stahl (EGKS) wurde gegründet. An den großen Wohnbauprojekten und dem damit verbunden großen Einsatz von Stahl waren wichtige Protagonist|innen der architektonischen Avantgarde der 1950er Jahre beteiligt. Die Ausstellung thematisiert einige dieser Arbeiten, neben dem von Robert Schuman verfassten Gründungsdokument der EGKS.
Die eXpo 58 (Weltausstellung 1958) in Brüssel steht für den anfänglichen Optimismus der nuklearen Ära. Ausdruck dieser Faszination waren unter anderem die auf Atomenergie fokussierten Pavillons – wie der kongolesische Pavillon zum Thema Uran – und ein nicht realisiertes Kernkraftwerk auf dem Messegelände. Lange bevor die Atomkatastrophen von Tschernobyl und Fukushima eine düstere Ästhetik der Katastrophe hervorbrachten, war die friedliche Atomnutzung mit einem optimistisch-ästhetischen Bild verbunden. Beispielgebend sind dafür die Entwürfe von Claude Parent für das französische Atomprogramm, die als Reaktion auf die Ölkrise Anfang der 1970er Jahre entstanden sind.
Erneuerbare Energien
Die Hinwendung zu erneuerbaren Energien fällt mit den Anfängen der ökologischen Bewegung zusammen. Anfang der 2000er-Jahre übertrug der Architekt Rem Koolhaas die Ideen einer grünen Wende im XL-Maßstab auf mögliche Szenarien für die Nordsee. Ein Vorgängerprojekt für die im April 2023 verfasste Erklärung von Ostende: die Nordsee soll in das größte Kraftwerk der Welt verwandelt werden. Doch die grüne Revolution ist nicht frei von Umweltauswirkungen, wie z.B. der jüngste Wettlauf um Lithium zeigt. Die Geschichte des Raubbaus an unserem Planeten wird fortgesetzt.
Zirkularität
Da Gebäude (Herstellung und Nutzung) für etwa 40% der weltweiten CO 2 -Emissionen verantwortlich sind, sind graue Energie und Kreislaufwirtschaft längst zentrale Elemente des Diskurses. Vorreiter dieser Entwicklung waren frühe Ökologen wie Paul Duvigneaud mit seinem ecosystème urbain, sowie Denker wie Bruno Latour mit seinem Plädoyer für einen Neustart der Moderne. Heute stehen Architekt|innen vor einem neuen Paradigmenwechsel: weg von der Faszination des Neuen hin zur selbstverständlichen Nutzung des Vorhandenen.
Architekt|innen, Landschaftsarchitekt|innen, Ingenieur|innen, Künstler|innen und Stadtplaner|innen, die tagtäglich am Rande ihrer eigenen Ausbeutung arbeiten, sind mit verantwortlich für das Fortbestehen des fossilen Zeitalters. Sie sind jedoch auch in einer einzigartigen Position, den Diskurs und die Praxis in Richtung einer groß angelegten energetischen Transformation voranzubringen. (vai)
Eine Ausstellung des CIVA, Brüssel
C I.II.III.IV. A
Vorsitzende der Stiftung: Rabab Khairy
Künstlerischer Direktor: Nikolaus Hirsch
Generalsekretär: Jeremy Uhr
Kurator|innen: Silvia Franceschini, Eric Hennaut, Nikolaus Hirsch, Yaron Pesztat, Ursula Wieser Benedetti
Research Fellow: Dennis Pohl
Ausstellungsarchitektur: Pauline Clarot
Kommunikation: Valérie Roucou, Anne-Gaëlle Solé
Produktion: Anne Alessandi, Marion Cambier, Stéphanie De Blieck, Téman Dubo, Camila Fallon, Elena Gadd, Hannah Keirsse, Pierre Labergue, Salomé Moraux, Benjamin Sauviac
Mit Arbeiten von
Jochen Brandi, Constantin Brodzki, Pierre Coulon / André Noterman, Eugène Delatte /Robert Maquestieau, Emile Devreux, Paul Duvigneaud, Feddes Olthof, Buckminster Fuller, Fritz Haller, Bruno Latour, Armin Linke, OMA / AMO / Rem Koolhaas / Reinier de Graaf, Claude Parent, André & Jean Polak, René Pechère, Cedric Price, Philippe Rahm, Georges Ricquier, François & Luc Schuiten, Karl Schwanzer, Willy Van Der Meeren / Léon Palm, Hugo Van Kuyck, Liam Young
Es führen Verena Konrad und Clemens Quirin / vai
anschließend geführter Stadtspaziergang Dornbirn
In Begleitung von: Maik Novotny / ÖGFA