Albert Kirchengast / Jörn Köppler: Die Poetik des Bauens
Erschütterung des Ichs
Vortrag„Aus dem Gesagten ergibt sich auch, daß es nicht Aufgabe des Dichters ist mitzuteilen, was wirklich geschehen ist, sondern vielmehr, was geschehen könnte [...] Daher ist die Dichtung etwas Philosophischeres und Ernsthafteres als Geschichtsschreibung“ (Aristoteles, Poetik)
Man könnte es als poetischen Architekturgedanken bezeichnen, das fragile Sinnverhältnis des Menschen zur Wirklichkeit so zum Ausdruck zu bringen, dass dessen Werke nur den „stummen Hinweis auf das, was schön sei“ (Adorno, Ästhetische Theorie) suchten – auf das, was Sinn zeige in der Wirklichkeit, der Natur also selbst. Der Charakter und ästhetische Ausdruck eines poetisch aufgefassten Bauens ließe sich vielleicht am besten beschreiben als raumgefasster Ausblick aus unseren ökonomisierten Lebenswelten, dessen naturbestimmte Wirklichkeit jene Erfahrung von Wahrheit evozierte, die ebenso fraglos ist wie das Fließen einer Quelle, die nach Jahren des Versiegens wieder Wasser führt.
(Text: Jörn Köppler)
Albert Kirchengast, Architekturstudium an der TU Graz. Seit 2008 wissenschaftlicher Mitarbeiter an der ETH Zürich; dort mit Christophe Girot Herausgeber der Publikationsreihe „Landscript“. Zuletzt wurde von ihm publiziert: „Landschaft im Gespräch“ (Wien 2015), sowie „Archaische Moderne: Elf Bauten im Burgenland 1960–2010“ (mit Norbert Lehner, Zürich 2015).
Jörn Köppler, Architekturstudium an der TU Berlin; 2001–07 Assistent am Institut für Architekturtheorie und Baukunst der TU Graz; Dissertation „Der Sinngehalt des Architektonischen: Modernes Bauen und die ästhetischen Erfahrungen des Erhabenen und der Schönheit” 2007 an der TU Graz. Führt gemeinsam mit seiner Frau Annette Köppler-Türk in Potsdam das Architekturbüro „Köppler Türk Architekten“. Zuletzt veröffentlicht: „Sinn und Krise moderner Architektur“ im transcript-Verlag, sowie „natura poiesis“, Zusammenfassung eines Forschungsaufenthaltes in der Villa Massimo in Rom.
Moderation: Andreas Vass, ÖGFA