100 Bauvisiten = 184 Bauvisten = 10 Jahre Bauvisiten
Die erfolgreiche ÖGFA-Architekturvermittlung feiert ein rundes Jubiläum
Die erste Bauvisite fand am 11. Oktober 1996 statt und ihr Ziel war der Akademiehof von Roland Rainer und Gustav Peichl, geführt von Rainers Tochter und Mitplanerin Johanna – nebenbei bemerkt nicht gerade das stärkste Projekt der Architekten. Doch das weist auf eines der Grundprinzipien der Bauvisiten hin: es geht nicht ums Abfeiern etwaiger bester Bauten, sondern um kritische Auseinandersetzung mit aktuellen Realisierungen, die interessant oder relevant sind. Da waren durchaus viele herausragende Arbeiten dabei, aber eben nicht nur, sondern auch umstrittene Projekte, die trotz allem der Diskussion Wert waren. Umso bemerkenswerter ist die Tatsache, dass in fast jedem Fall die Führung von den jeweiligen ArchitektInnen selbst gemacht wurde, die sich somit der kritisch fragenden Öffentlichkeit stellten.
Idee und Konzept für dieses Veranstaltungsformat stammen von Sabine Bartscherer, damals Vorstandsmitglied der ÖGFA, die die Bauvisiten sechs Jahre lang betreute. Seit Herbst 2002 kuratiert Severa Horner. Die Bauvisiten eröffnen vor allem den Zutritt zu sonst nicht leicht zugänglichen Bauwerken. Das Spektrum der Objekte reicht vom Krankenhaus bis zum Entertainment-Center, vom Solar-Wohnbau bis zum Windkanal, von der denkmalgerechten Sanierung bis zum Prototyp, vom Low-Budget-Projekt bis zur Bank, vom Holzbau bis zum Schulbau. Zentral für das Veranstaltungsformat „Bauvisite“ ist seine Niederschwelligkeit, es steht somit für das an eine breite Öffentlichkeit gerichtete Angebot der ÖGFA. Jeden zweiten Freitagnachmittag versammeln sich ebenso ExpertInnen wie interessierte Laien, um mehr über ein aktuelles Projekt zu erfahren, als aus den einschlägigen Publikationen herauszulesen ist.
Die Führungen dauern meist eine Stunde, und die Bauvisiten sind kostenlos. Sie werden vorrangig ermöglicht durch die Jahresbeiträge der ÖGFA-Mitglieder. So wie das Konzept auf einer besonderen Wertschätzung der BesucherInnen beruht, legt es ebenso viel Wert auf die PlanerInnen und Ausführenden jedes Projektes, die demnach so vollständig wie möglich in der Ankündigung genannt werden und ihre Arbeit selbst präsentieren sollen.
Im Oktober 2006 feierte die ÖGFA ihre 100. Bauvisite, veranstaltet hat sie allerdings schon einige mehr. Die ersten 43 Bauvisiten wurden ohne Nummerierung durchgeführt, sodass die offizielle Nummer 1 erst Ende 1999 stattfand. Weiters liefen 2005 und 2006 die so genannten Jubiläumsbauvisiten, die insgesamt 41 herausragende Objekte für jedes der 41 ÖGFA-Jahre zugänglich machten, vom Haus Bacher der Arbeitsgruppe 4 für 1965 bis zum Basiliskenhaus-Umbau von Veit/Aschenbrenner für 2005.
Nach den ersten zehn Jahren möchten wir allen danken, die diese Veranstaltungsreihe ermöglichten und weiter ermöglichen: den mehr als 200 PlanerInnen, die ihre Zeit kostenlos einer interessierten Öffentlichkeit zur Verfügung stellen; den AuftraggeberInnen und BenützerInnen, die die Objekte für unsere BesucherInnen zugänglich machen; den ÖGFA-Mitgliedern, ohne die es keine ÖGFA und vor allem kein ÖGFA-Programm gäbe; der öffentlichen Hand, die unsere Aktivitäten finanziell unterstützt; der Architektenkammer, die dieses Veranstaltungsformat eigens fördert; und den Unternehmen, die durch Sponsoring zum Gelingen der Bauvisiten beitragen.
Robert Temel