40 Jahre Wohnqualität
Jubiläumsvisite Gerasdorfer Straße 61
ExkursionDie Wohnhausanlage ist ein typologischer Meilenstein in der Entwicklung des Wiener Wohnbaus. Die Organisations- und Raumformen der selbstorganisierten Siedlerbewegung und der zentral organisierten Gemeindebau-Wohnanlagen des Roten Wiens verbindend, wurde eine der Gartenstadt verpflichtete Wohnanlage mit 380 Wohnungen, überwiegend für Familien mit Kindern, genossenschaftlich am Stadtrand von Wien geschaffen. Hohe Wohnzufriedenheit und außerordentlich geringe Fluktuation der Bewohnerschaft zeugen vom hohen Wohnwert der beispielgebenden Anlage.
30 Jahre später gerät diese Qualität mehrfach unter Druck. Nach der Ausfinanzierung des genossenschaftlichen Projekts lässt ein umsichtiges mit der Nutzerschaft abgestimmtes Sanierungs- und Restrukturierungsprogramm auf sich warten. Eine beabsichtigte Nachverdichtung brachte den Vorplatz des räumlichen Ensembles und urbanen Taktgeber an der Gerasdorfer Straße in Gefahr.
Aktuell kommt einiges in Bewegung. Die Gebäudeerhalterin erkennt die Verantwortung von gemeinschaftlichen Einrichtungen beim Ausbau des Wohnquartiers Gerasdorfer Straße zur Steigerung des öffentlichen Lebens an der Peripherie von Wien. Der umkämpfte, lang leer stehende und vom Abbruch bedrohte Pavillon der einstigen SPAR-Kette soll nun gemeinschaftlich kulturell genutzt werden. Die dafür notwendigen Bedingungen sind zwischen Politik, Anlagenerhalterin, Bewohnerschaft und der Community des Quartiers noch im Detail zu verhandeln.
Ein Präzedenzfall für den niederschwelligen Umgang mit Lebensraum an der Stadtperipherie und zugleich am Brennpunkt der Metropolregion Wien, über Landesgrenzen hinweg. Frau Tupy als langjährige Bewohnerin und Johannes Zeininger von Bauten in Not führen durch die Anlage und werden dabei versuchen, dem Spirit des Sozialen Wohnbaus der 70er und 80er Jahre aufzuspüren und eine Peilung ins 21. Jahrhundert vorzunehmen. Text: Johannes Zeininger
Johannes Zeininger, Architekt
Bürogründung 1991 in Wien. Atelier mit Architektin Dipl.Ing Angelika Zeininger gemeinsam unter zeininger architekten. Das Thema „Weiterbauen an der Stadt“ sowie der Komplex „Hinzufügen“ in Theorie und Praxis sind Schwerpunkt unserer Arbeit.
Gabriele Tupy
ist Inhaberin einer Kommunikationsagentur. Sie konzipiert, textet und gestaltet Zeitschriften, Kongress-Magazine, Nachhaltigkeitsberichte, Bücher, Newsletter mit einer Spezialisierung auf den Altenpflegebereich. Als gesellschaftspolitischer Mensch engagierte sich viele Jahre in der Bezirkspolitik sowie als Bewohnerin der ersten Stunde und Delegierte in diversen Arbeitsgruppen in der Viktor-Hufnagl-Wohnhausanlage in der Gerasdorfer Straße 61 in Wien Floridsdorf: Spielplatzgestaltung, Anlagenfeste, Buchausstellungen, Bewohner:innen-Befragungen, Konzepterstellung Gemeinschaftsräume, Konzepterstellung Erhalt und Umgestaltung der ehemaligen Ladenzeile auf dem Vorplatz in ein Grätzl-Kulturzentrum und Gründung eines Kulturvereines.
Moderation: Gabriele Ruff / ÖGFA