IN MEMORIAM IRIS MEDER
Die Kremationsfeier zum Gedenken an Dr. Iris Meder findet am 26. November 2018 um 11.00 Uhr in der Feuerhalle Wien-Simmering, großer Raum 2 statt.
Am 07. Dezember 2018 laden wir im Gedenken an Iris zu einem Abend, der ihren vielfältigen Aktivitäten gewidmet sein wird.
Ort: Ringturm, 1010 Wien
Uhrzeit wird noch bekanntgegeben.
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Zum Gedenken an Iris Meder
Vorstandsmitglied der ÖGFA von 2003 bis 2018
Iris Meder hat uns in der Nacht auf Montag für immer verlassen. Obwohl wir vom Ernst ihrer Krankheit wussten, hatten wir alle – wie auch sie selbst bis zuletzt – die Hoffnung, dass sie darüber hinwegkommen würde. Ihr Tod hinterlässt eine Lücke, die wir nicht schließen können.
Die herausragende Architekturhistorikerin Iris Meder, der es mit ihrer Dissertation und zahlreichen nachfolgenden Publikationen gelungen war, dem Wissen um die Wiener Moderne eine neue Tiefendimension zu verleihen, war der ÖGFA als langjähriges Vorstandsmitglied in besonderer Weise verbunden. In den 15 Jahren ihrer Tätigkeit für die ÖGFA brachte sie ihre fachliche Kompetenz in einer breiten Palette von Aktivitäten der „Gesellschaft“ ein.
Oft gingen diese Aktivitäten auch von ihr aus, war sie Motor und Kopf hinter den Initiativen. So hat ihr Einsatz für gefährdete Bauten der Moderne und der Nachkriegsmoderne Schule gemacht: Was 2004 mit ihrer Initiative für der Erhalt des Kahlenberg-Restaurants und -Hotels noch einem aussichtslosen Kampf glich, ist mittlerweile zu einer breiten Bewegung geworden, die das Bewusstsein der Öffentlichkeit und von Entscheidungsträgern zu wandeln beginnt.
Architekturgeschichtliche Detailkenntnis, eine selbstverständliche Voraussetzung für dieses Engagement, war bei ihr in einer seltenen Weise gepaart mit einer ansteckenden Begeisterung, einer unstillbaren Lust am Entdecken und Aufspüren neuer Fakten und biografischer Verflechtungen und einer Gabe – aber auch mit der Großzügigkeit, diese permanente Feldforschung fast in Echtzeit mit anderen zu teilen. Vermittlung war für sie das Mit-Teilen eines intellektuellen wie sinnlichen Abenteuers.
Archivarbeit war für Iris nur die Basis für unzählige Reisen an die Orte des Geschehens. Sie musste die ausgeforschten Bauten nicht nur sehen, die musste sie mit allen Sinnen aufnehmen. Ihre Recherche zu den Bäderbauten der mitteleuropäischen Moderne war zugleich eine Tour des Badegenusses.
So lag der zweite Schwerpunkt ihrer Tätigkeit in und für die ÖGFA nahe: Die zahlreichen Führungen Exkursionen und Reisen, die sie auf den Spuren ihrer Forschungen organisierte waren allen TeilnehmerInnen unvergessliche Erlebnisse. Wenn sie mit feinem Humor eine Anekdote aus dem Leben des Bauherren oder Architekten oder über eine kulinarische Besonderheit des Orts erzählte, so war das nie bloß unterhaltsames Beiwerk, sondern treffende Milieuschilderung, erhellender Einblick in die Geschichte hinter den stummen Zeugen der Architektur. Diese auf ihre Art zum Sprechen zu bringen war ihre Kunst, die Iris Meder so bereitwillig der ÖGFA zur Verfügung stellte.
In Gedenken an Iris Meder lädt die ÖGFA am 7.12.2018 zu einer Abendveranstaltung, die ihrem Engagement und den zahlreichen Begabungen gewidmet sein wird, die Iris zwischen Architekturpublizistik, Ausstellungskuratierung, Forschung, Fotoreportagen und ihrer Leidenschaft als DJ auch außerhalb ihrer Tätigkeit im ÖGFA-Vorstand in ständiger Bewegung gehalten haben. Der Ort und die genaue Uhrzeit für dieses gemeinsame Erinnern werden noch bekannt gegeben.
Der Vorstand der ÖGFA
Wien, 06. November 2018
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Abschied von Iris Meder
1965–2018
Zum Tod der profilierten Bauforscherin und -publizistin
Mitte der 1990er Jahre erschien in den einschlägigen Wiener Fachzirkeln gleichsam „aus dem Nichts“ eine junge Architekturhistorikerin aus Deutschland, die das hier bislang gepflegte, kanonisierte Geschichtsbild der Wiener Architektur-Moderne um unzählige Fakten, fachliche Facetten und personelle Vernetzungen ganz bedeutend erweiterte. Ihre 2001 an der Universität Stuttgart approbierte Dissertation „Offene Welten – Die Wiener Schule im Einfamilienhausbau 1910–1938“ brachte mit einem Schlag nicht nur neue Erkenntnisse zu den Werken von Josef Frank und Oskar Strnad, sondern eröffnete vor allem eine tiefenscharfe, faszinierende Perspektive auf eine Vielzahl von deren lokalen Zeitgenossinnen, Schülern, Bauherrinnen und Publizisten. Von der Basis dieser schon in den 1980er Jahren begonnenen, interdisziplinären Recherche aus fand Iris Meder in Wien rasch ein intensives Wirkungsfeld als Kritikerin in den Medien Die Presse – Spectrum, Der Standard, Kurier, NZZ, Parnass, Falter, dérive, Akku TV u.v.m., als Kuratorin wichtiger Ausstellungen im Wien Museum und im Jüdischen Museum (zuletzt 2017: „Helena Rubinstein. Die Schönheitserfinderin“), als Initiatorin/Teilnehmerin internationaler Symposien, als Vortragende und Reiseführerin sowie als Buchautorin. Über viele Jahre war sie Mitglied und Vorstandsmitglied der Österreichischen Gesellschaft für Architektur, für die sie bis zuletzt wirkte. Auch im Verein für Geschichte der Stadt Wien und als Gutachterin für das Bundesdenkmalamt leistete sie durch ihre fachliche Kompetenz wertvolle Arbeit.
Ihr spezifischer Beitrag wurzelte in der Öffnung der fachlich-historischen Blickwinkel auf die personellen und geistigen Hintergründe, auf die Verzweigungen und Interdependenzen jener undogmatischen „Zweiten Wiener Moderne“, die sich nach Wagner, Loos und Hoffmann ab 1910 formierte, die mit ihrer vorwiegend jüdischstämmigen Klientel aber auch 1934 bzw. 1938 ein gewaltsames Ende erlitt.
Zu ihren wichtigsten Büchern und Ausstellungen zählen jene über Erich Boltenstern, über das Hochhaus Herrengasse (beide mit Judith Eiblmayr), über Oskar Strnad (mit Evi Fuks) und über Josef Frank; Women in Landscape Architecture (mit Ulrike Krippner). Jüdische Fotografinnen – Vienna’s Shooting Girls sowie ihr Biennale-Beitrag 2014 Lifting the Curtain – Central European Architectural Networks erweiterten den Blick über die Grenzen der österreichischen Architekturmoderne hinaus in Richtung Südost-Mitteleuropa. Mit Christopher Long und Tano Bojankin ist sie Herausgeberin der gesammelten Schriften von Josef Frank.
Iris Meders großes Verdienst ist auch die Befassung mit vorher wenig beachteten Protagonistinnen der Szene – auf Planungs- wie auch auf Auftragsseite, die integrierte Sicht von Bauplanungen mit ihren meist unterschätzten Freiraumgestaltungen – also von Baukunst mit Gartenkunst, sowie die Analyse von baulichen Phänomenen aus virulenten gesellschaftlichen, wirtschaftlichen, künstlerischen Zeitströmungen.
Als bei ihr vor etwa einem Jahr eine besonders aggressive Krebserkrankung diagnostiziert wurde, zog sie sich strikt aus der Öffentlichkeit zurück. Von einem kleinen Freundeskreis bis zuletzt betreut, starb sie vor wenigen Tagen in Wien.
Nicht nur die heimische und auch die internationale Forscherszene verliert eine der engagiertesten, kompetentesten, ungewöhnlich kooperativen Historikerinnen und Fachkritikerinnen. Iris Meder wird uns fehlen.
Otto Kapfinger