50 Jahre Wachstumskritik
Podiumsdiskussionmit Rudolf Kohoutek, Gottfried Pirhofer (angefragt), Brigitte Redl, Fritz Waclawek, Respondenz: Kollektiv AKT, Marie-Theres Okresek / bauchplan,
weiterlesen …Kunst, insbesondere Malerei, in Verbindung mit Architektur ist ein Thema des vorliegenden Heftes, ein Thema, das räumlich und zeitlich weit ausgreift. In jedem Fall, ob bei Le Corbusier oder den Fresken im Palazzo Pubblico in Siena, hängen die verschiedenen Bereiche eng zusammen, sind sie ineinander verwoben. Eins wirkt aufs andere. So ist Kunst und Architektur gemeint, oder auch Architektur und Kunst, ohne Hierarchie. Beide Bereiche sind von gleichem Wert.
Es sei ein aktueller Bezug hergestellt. Ende September wurde in Wien eine über mehrere Jahre konzipierte Projektreihe eröffnet, mit ihren ersten Teilen TOPOGRAPHIE 1 und TOPOGRAPHIE 2. Im zugehörigen Faltprospekt wird Wien als „urbaner Erfahrungsraum“ charakterisiert, „dem durch künstlerische Interventionen vielfältige Ebenen der Sichtbarkeit und Lesbarkeit zugewiesen werden“. Die Stadt und ihr Raum, der Stadtraum soll lesbar (neu lesbar) gemacht werden mittels Kunst. Das Augenmerk soll nun auf TOPOGRAPHIE 1 liegen, auf dem Thema Turm und Tunnel.
Zuerst zum Flakturm, dessen oberster Teil über der Plattform weiß leuchtet(e) und darauf die silbrige Schrift. Der Turm und die Stadt bekommen durch die Schriftskulptur von Lawrence Weiner eine neue Dimension (über die in den Katalogtexten ausführlich geschrieben ist), eine neue dritte Dimension, weit in der Höhe. Man blickt unwillkürlich und immer wieder hinauf an einer und zu einer Skulptur, die immer da war und doch erst jetzt da ist.
In der Presseaussendung zu dieser Projektreihe der Wiener Festwochen wird das Thema Stadt und Kunst oder Kunst im öffentlichen Raum festgehalten. Neben dem Flakturm ist der zweite (Austellungs)Ort der in unmittelbarer Nähe gelegene, noch rohe Bautunnel der U-Bahn, in dem Martin Kippenberger seine Bilder und Objekte verstreute, in den er diese beinah warf. Daneben gibt es im Schacht metallischgraue oder hell gestrichene Scheiben: eine weit austragende im Treppenbereich, dann Bildwände, dann Wände plus Decke, die eine präzisen Raum andeuten.
Es gibt auch ein länglich ovales Raumstück, das Fragment einer Tunnelröhre; dann ein schmales Fenster, eine Peepshow zu den im angrenzenden Bauraum projizierten Dias und den Bauarbeitern; dann in der anderen Richtung die bloße, lange Tunnelröhre mit ihren punktweise beleuchteten Wänden, an deren oberer Raumkante zwei Schienen als technisches Objekt laufen. Erst weit hinten in der Röhre hängt das große Bild als Abschluss am Tunnelende. Diese Elemente, von den Scheiben bis zu den Schienen, sind von den Architekten PAU.HOF entworfen. Manche gehen auf eine Idee von Kippenberger zurück, die Ausarbeitung und das räumliche Konzept stammen jedoch von den Architekten, nicht von dem Star in der Kunstszene.
Jedenfalls: Das Zusammenwirken des räumlichen Konzepts und der Raumobjekte mit der stark an Motiven orientierten Kunst von Kippenberger führte zu einem eindrucksvollen Ergebnis. Die Strenge und Zurückhaltung der Architekten und die erzählenden, leichter fassbaren, auch unterhaltenden Kunstobjekte wirken gegeneinander und schließlich miteinander.
Deshalb erstaunt es, wenn die Präsidentin der Wiener Festwochen Ursula Pasterk im Katalog „Tiefes Kehlchen“ von Kippenberger und „seiner“ Installation im Bautunnel spricht. Es erstaunt, dass der Name PAU.HOF im Prospekt nicht zu finden ist. Am Ende des Vorworts dankt Frau Pasterk der Projektgruppe, den Architekten und ihren Mitarbeiterinnen. Sie dankt allen herzlich. Der Erfahrungs“raum“ wird vergessen. Die Architekten werden vergessen, denen mehr gebührte als der Dank am Vorwortende.
UmBau 13
Österreichische Gesellschaft für Architektur (Hrsg.)
Wien 1991
92 Seiten, mit SW- Abbildungen.
mit Rudolf Kohoutek, Gottfried Pirhofer (angefragt), Brigitte Redl, Fritz Waclawek, Respondenz: Kollektiv AKT, Marie-Theres Okresek / bauchplan,
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