Nicht mehr Lesen! Sehen! - Eva Froschauer
Funktionsweisen der Architektur im Medium. Ein paar Anmerkungen
VortragEiner der größten Polemiker der Baugeschichte, Adolf Loos, beschrieb sein Verhältnis zu den Medien einmal so: „Ich aber sage: ein rechtes bauwerk macht im bilde, auf die fläche gebracht, keinen eindruck. Es ist mein größter stolz, daß die innenräume, die ich geschaffen habe, in der photographie vollständig wirkungslos sind. [...] Auf die ehre, in den verschiedenen architektonischen zeitschriften veröffentlicht zu werden, muß ich verzichten. Die befriedigung meiner eitelkeit ist mir versagt.“ (Architektur, 1910)
Wenn auch viel Koketterie in dieser Aussage lag, und Loos selbst ja seine ganz eigene Medienkarriere innerhalb der Architektur entwickelte – es ist unbestritten, Architektur und Medien stehen in vielfältigen Bezügen zueinander. Architekten heute sollen Medienkompetenzen erlernen, Handbücher über PR in eigener Sache wälzen und Veröffentlichungen strategisch planen, den wenigsten ist bewusst, dass „Architekturszene“ schon immer und wesentlich im Verbund mit den Medien funktioniert hat. Der Blick in die Geschichte dieser Beziehung – Mario Carpo beispielsweise hat den Zusammenhang zwischen Albertis architektonischem Denken und den medialen Repräsentationen einmal so erhellend offen gelegt – ist in jedem Fall von Nutzen.
Der Vortrag wird anhand einer genaueren Sicht auf Funktionsweisen von wesentlichen Fachmedien, den Architekturjournalen – hier um 1900 und am Beispiel der damaligen Boomtown Berlin – einen Blick hinter die publizistischen Strategien werfen: wie, warum und wozu neue Zeitschriften der Architektur entstehen, wie bestimmte Themen „gemacht“ werden und wie in der Druckvorstufe schon immer in die Trickkiste visueller Architekturvermittlung gegriffen wurde. Damit kann man auch feststellen: die mediale Repräsentation von Architektur und deren Auftritt in bestimmten Medienformaten scheint nämlich viel mehr in einer Traditionslinie zu stehen, als dass ein Zusammenspiel beider Komponenten wieder einmal neu erfunden werden müsste.
Eva Maria Froschauer
Mag.arch., Dr.-Ing., akademische Mitarbeiterin an der Brandenburgischen Technischen Universität Cottbus; Redaktion Wolkenkuckucksheim. Studium der Innenarchitektur und Architektur an der Hochschule für künstlische und industrielle Gestaltung in Linz (heute Kunst Universität Linz); Masterstudium Architekturgeschichte und -theorie an der ETH Zürich. Freischaffende Autorin. Von 2001 bis 2007 wissenschaftliche Mitarbeiterin an der Bauhaus-
Universität Weimar, dort Promotion 2008. Forschung zu den (historischen) Medien der Architektur, zur Kulturtechnik des Reisens für Architekten, zum Feld des Wissens in der Architektur. Jüngste Publikationen: „An die Leser!“ Baukunst darstellen und vermitteln – Berliner Architekturzeitschriften um 1900, Tübingen 2010; „Berliner Autochthonen – die Vermittlung des frühen Werks Alfred Grenanders in der Architekturpresse“, in: Christoph Brachmann und Thomas Steigenberger (Hg.), Ein Schwede in Berlin. Alfred Grenander und die Berliner Architektur 1890 bis 1914, Korb 2010. „Konzepte der deutschen Architekturzeitschrift, in ihren Anfängen und um 1900“, in: Architektur im Buch, hrsg. von Burcu Dogramaci und Simone
Förster, Dresden (Herbst 2010).