Zwischen Stadt Entwerfen. Strategien für die Planung in der Stadtlandschaft
Oliver Bormann, D
VortragThe new city „will be a city so greatly different from the ancient city […] that we will probably fail to recognize its coming as the city at all. […] It will build itself, haphazard.“ (F.L. Wright)
Die Stadt hat sich verändert. Lebt sie per Definition eigentlich von Dichte, Überlagerung und Kompaktheit, hat sich das urbane Gebilde seit der Industrialisierung mit steigender Mobilität zunehmend entzerrt und in die Fläche verteilt. Die Innenstadt ist schon längst nicht mehr das einzige Herz einer Stadtregion, sondern ein Zentrum neben anderen. Die zeitgenössische urbane Kultur ist immer weniger in den historischen Zentren zu finden und immer mehr an anderen Orten. Gab es zuvor eine klare Trennung von Stadt und Land, verschwindet die Grenze zwischen diesen immer mehr. Über diesen Prozess wurde viel geschrieben und diskutiert, ohne dass differenzierte, real räumlich (nicht utopisch) orientierte Modelle und Sichtweisen für diese neue Form von Stadt, die Thomas Sieverts „Zwischenstadt“ nennt, entwickelt wurden.
Die Beschäftigung mit der Zwischenstadt ist eine Einladung, über die Komponenten und Konturen von Städtebau und Planung nachzudenken: Baublock und Straße, öffentliche Räume und öffentliche Bauten, sind ihre traditionellen, an der Urbanität des 19. Jahrhunderts orientierten Bausteine. Die Moderne des 20. Jahrhunderts, das Auto, die Massengesellschaft und der Massenkonsum schaffen eine neue Urbanität und ein neues urbanes Territorium. Städtebau und Planung müssen neue Werkzeuge erfinden, mit diesen neuen Bedingungen der Stadtentwicklung umzugehen. Ist es überhaupt Stadt, was da weiter wächst? Ist es die Neue Stadt? Neues muss man sehen lernen. Und dieses muss man wollen.
Die Frage nach geeigneten Entwurfswerkzeugen ist ein im Ausgang weiterhin offenes Experiment. Die Zwischenstadt bietet mit ihren vielfältig überlagerten Wirkungszusammenhängen aber das optimale Experimentierfeld zur Entwicklung integrativer Entwurfsfelder. Dabei geht es nicht mehr um finale räumliche Lösungen, sondern darum, Möglichkeitsräume auszugestalten, die beides besitzen: das Besondere, Charakteristische, Unverwechselbare und das Allgemeine, Zukunftsoffene, Weiterinterpretierbare und Entwickelbare. Kein anything goes, aber auch kein „so wird’s“. Aneignungsmöglichkeiten und Emanzipation sind wichtige Elemente für eine nachhaltige urbane Kultur.
Schwerpunkt des Vortrags ist die Auseinandersetzung mit Planung/Planbarkeit und konkretem Entwerfen in der Zwischenstadt. Anhand einiger exemplarischer Beispiele aus dem internationalen Kontext werden entwerferische Strategien veranschaulicht. Der Vortrag liefert keine allgemeingültige „Handlungsanweisung“, er versteht sich vielmehr als Plädoyer für das urbanistische Experiment und für topologisch maßgeschneiderte Strategien anstelle des Einsatzes retrospektiver Typologien und Stadtvorbilder.
Oliver Bormann
geboren 1968, ist Architekt, er studierte an der TU Berlin und der ETSA Sevilla. Mitarbeiter bei UNStudio van Berkel & Bos in Amsterdam und bei Gewers Kühn und Kühn Architekten in Berlin. Er arbeitete als wissenschaftlicher Mitarbeiter am Lehrstuhl für Städtebau der Bergischen Universität Wuppertal, seit 2004 an der TU Hamburg Harburg und seit 2007 HafenCityUniversität Hamburg; Lehraufträge an der TU Berlin, Fachgebiet Landschaftsplanung, und der TU Graz, Fachgebiet Architektur. Von 2002 bis 2005 war er am Forschungsprojekt „Zwischenstadt. Qualifizierung der verstädterten Landschaft“ unter Leitung von Thomas Sieverts beteiligt. Seit 2002 ist er Teilhaber von process yellow architekten und stadtplaner in Berlin.
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