Kulturhauptstadt Ruhr.2010 – Ein regionales Entwicklungsprojekt mit europäischer Dimension
Jürgen Fischer, D
VortragDas Ruhrgebiet mit seinen 53 Städten ist die erste europäische Kulturhauptstadt, die keine Stadt, sondern eine Region ist. Städte wie Essen, Dortmund, Duisburg, Gelsenkirchen, Bochum und Bottrop machen aus dem „Ruhrpott“ eine dezentrale Agglomeration mit mehr als fünf Millionen Einwohnern ohne erkennbare Grenzen zwischen den einzelnen Städten und zwischen Stadt und Land. „In dieser Verlagerung von Stadt zu Region ist das Ruhrgebiet Modell für eine Entwicklung, die sich in ganz Europa abzeichnet. Ebenso modellhaft steht die Ruhrregion für den Wandel von der Industrie- zur sogenannten Kreativ- und Freizeitgesellschaft. Die Internationale Bauausstellung (IBA) Emscher Park, 1989 bis 1999, setzte hier Maßstäbe in der Transformation ehemaliger Industriegebiete“, schrieb die Architekturforscherin Maria Welzig. Der IBA folgt nun als neuerliches, großmaßstäbliches Entwicklungsvorhaben die Kulturhauptstadt Ruhr.2010.
Das Ruhrgebiet ist von der Industriegesellschaft geschaffen, geprägt und verbraucht worden. In den fünfziger Jahren des vergangenen Jahrhunderts noch der Motor des deutschen Wirtschaftswunders, wurde es seit den sechziger Jahren zu einer der größten überalterten Industrieregionen des Kontinents. Heute steht es exemplarisch für die enormen ökonomischen, ökologischen, kulturellen, sozialen und städtebaulichen Probleme im Strukturwandel von der Industrie- zur Dienstleistungs- und Wissensgesellschaft – aber auch für erfolgreiche und bespielhafte Ansätze zu deren Lösung.
In der Kultur, aber auch in der Ökonomie finden im Ruhrgebiet grundlegende Veränderungsprozesse statt – darunter der monumentale Strukturwandel, der Umgang mit schrumpfenden Städten, der kulturelle Wandel durch Migration, die Anpassung des urbanen Angebots an die wachsende Zahl älterer Menschen. Für diese Herausforderungen können hier Modelle für andere urbane Regionen in Europa entstehen. Das Programm der Ruhr.2010 wird dem entsprechend neben Programmkoordinator Fischer von vier künstlerischen Direktoren für die Bereiche Städtebau, darstellende Künste, Migration und Kreativwirtschaft bestimmt.
Ruhr.2010 hat die Vision, aus der regionalen Städtegemeinschaft eine Metropole neuen Stils zu bilden. Die zukünftige Metropole Ruhr ist heute eine unfertige Stadt – polyzentrisch, offen für neue Formen von Urbanität. Die Identität dieser Metropole ist nicht mehr geprägt von Industriearbeit, sondern von Kultur.
Jürgen Fischer
Programmkoordinator der Ruhr.2010, geboren 1954, zunächst Dramaturg am Westfälischen Landestheater in Castrop-Rauxel, freier Produzent und Autor in Bochum und bei den Ruhrfestspielen Recklinghausen, Leiter des Prinz Regent Theaters in Bochum sowie Theaterleiter in Münster, 1997 bis 2002 Projektleiter des Theaterfestivals Ruhr. Seit 2002 war er Leiter des Bewerbungsbüros „Kulturhauptstadt Europas 2010“ und ist nunmehr, seit 2007 Programmkoordinator bei der Ruhr 2010 GmbH.
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