Roland Rainer Bustour
Aufgrund der starken Nachfrage der Exkursion, die im Herbst 2009 stattgefunden hat, bietet die ÖGFA die Roland Rainer Tour im Rahmen der Preisverleihung des Roland Rainer Forschungsstipendiums nochmals an.
Unkostenbeitrag: 32.– Regulär/25.– für ÖGFA-Mitglieder und Studierende. Der Unkostenbeitrag beinhaltet die Busfahrt, alle Führungen sowie das Abendessen im Heurigen Römerzeche (ausgenommen Getränkekonsumation). Tagsüber sind Getränke und Snacks im Bus erhältlich. Da keine Mittagspause vorgesehen ist empfehlen wir ggf. eigene Verpflegung für die Fahrt mitzubringen. Die Tour findet bei jedem Wetter statt! Die Anmeldung ist ab Einlangen des TeilnehmerInnenbeitrags auf dem Konto der ÖGFA gültig (Bank Austria Creditanstalt Kto.Nr. 00660280603, BLZ 20151).
Führungen: Walter Chramosta, Johanna Rainer, Karl Tschank, Andreas Vass
Die Roland Rainer Bustour findet aus Anlass der Verleihung des Roland-Rainer-Forschungsstipendiums 2010 statt, welches in einem Festakt am 8.11.2010 im Kuppelsaal der TU Wien gemeinsam mit dem Rudolf-Wurzer-Preis für Raumplanung 2010 und dem 2. Wiener Ingenieurpreis 2010 feierlich übergeben wird.
Programm
09:15 Treffpunkt: Akademie der bildenden Künste
09:30 Abfahrt (pünktlich!)
10:00 Fertighaussiedlung Veitingergasse 1952-1953 (mit Carl Auböck); Besichtigung eines Hauses *
11:30 Siedlung „Am Mauerberg“ 1956-63; Besichtigung mehrerer Häuser
13:45 Evangelische Glaubenskirche Simmering 1962-64
15:15 Siedlung Mannersdorf 1951-53
17:00 Sommerhaus St. Margarethen 1957
18:45 Ausklang im Heurigen Römerzeche, Rust, Rathausplatz 11
22:00 Rückkehr Akademie der bildenden Künste
* angefragt; in der Nachbarschaft weitere Häuser von Roland Rainer: Haus in der Werkbundsiedlung 1950-54, Engelbrechtweg sowie Haus Rieder, Josef Ganglgasse 1a
Roland Rainer
Wohnen und Gemeinschaft
„Diese Häuser sind durch eine bestimmte klare Lebensform, die ihre Bewohner haben, unseren Formspielereien bei weitem überlegen. Modern ist das Haus, das alles in der Zeit Lebendige aufnehmen kann und dabei doch ein organisch gewachsenes Gebilde bleibt.“ Josef Frank über englische Reihenhäuser, zitiert nach Roland Rainer, Die Behausungsfrage, Wien 1947, S.33
„An die Stelle der Wohnkultur als eines unbewußten, aber um so festeren inneren Besitzes muß nun die verstandesmäßige Analyse der „Wohnfunktionen“ gesetzt werden.
Wer wirklich alle Funktionen der Wohnung untersuchen will, steht allerdings vor der Aufgabe, ein dicht verflochtenes Netz gegenseitiger Beziehungen in seine einzelnen Fäden aufzulösen;...“ (ebd. S.33)
„Die in bestimmten Landschaften immer gleiche Durchbildung der Einzelheiten ... ist das Ergebnis einer vielleicht unbewussten Normung der Arbeitsvorgänge, ... aus der sich eng verwandte, aber doch variable Formen gleichsam nebenbei von selbst ergeben ...“ (ebd. S.62)
„Typisierung entspricht dem sozialen Wesen des Wohnungsbaus. ... Aber nicht nur Typisierung und Normung, sondern auch der andere Grundgedanke industrialisierten Bauens gilt ebenso für das Bauen mit örtlich vorhandenen, natürlichen Baustoffen: Die Verwendung verschiedenartiger Baustoffe für die verschiedenen Aufgaben, welche die Wände und Decken eines Hauses zu erfüllen haben.“ (ebd. S.64)
Die Siedlung und das Haus waren für Roland Rainer während seiner gesamten beruflichen Laufbahn die zentralen Aufgaben, an denen sich architektonische Praxis jenseits der repräsentativen Geste, aber auch jenseits spekulativer Konzepte zu bewähren hat. Gerade im kleinen Maßstab findet die Analyse der ökonomischen, technischen, sozialen und nicht zuletzt topografischen Voraussetzungen oft zu überraschend lapidaren, zugleich unmittelbaren und sensiblen Umsetzungen. Die frühe Kontamination mit der Wohnkultur der avantgardekritischen Wiener Moderne und die frühzeitige, intensive, forschende Auseinandersetzung mit der Erneuerung des Wohn- und Siedlungsbaus verbindet Rainer mit seinen älteren ZeitgenossInnen aus der Pioniergeneration der Wiener wie der internationalen Moderne und versetzt ihn unmittelbar nach Ende des II. Weltkrieges in die für die österreichische Architektur der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts einmalige und prädestinierte Lage, in allen typologischen, wohnungspolitischen, bautechnischen und wirtschaftlichen Fragen, von der Wohnungseinrichtung bis zum Städtebau, ein weitreichendes, ausgereiftes Programm anbieten zu können. Trotz aller politischer und gesellschaftlicher Widerstände hat dieses Programm in der Struktur der Stadt-Region Wien, die Rainer schon in den 50er Jahren in ihrer heutigen Dimension voraussieht, nachhaltige Entwicklungen angelegt und auch an weniger bekannten Orten aufschlussreiche Spuren hinterlassen. Gerade diese Realisierungen aus dem Bereich der Reproduktion, im Privaten wie in der Gemeinschaft, geprägt durch die intime Beziehung zu Natur- und Außenräumen, gehören zu den schönsten Zeugen einer sich erneuernden, kritischen Moderne.
Die ganztägige Bustour führt zu einigen der bedeutendsten Siedlungen und Häuser Roland Rainers im Großraum Wien und zu seinem einzigen Wiener Kirchenbau. Die Themenpalette reicht dabei von der Prototypenproduktion zur Initiierung einer österreichischen Fertighausindustrie (Siedlung Veitingergasse) und den Klimakonzepten konsequent südorientierter Wohnhäuser (Siedlung Am Mauerberg) bis zur im Dienst von „Sammlung und Besinnung“ vielleicht radikalsten Antirhetorik, welche die Wiener Architektur nach dem Haus Rufer hervorgebracht hat (Evangelische Kirche Simmering), und der Notwendigkeit und Schönheit eines Bauens aus den topografischen Gegebenheiten heraus (Sommerhaus St. Margarethen). Ergänzt durch Einführungen in die besichtigten Bauten und belebt durch Gespräche mit den Bewohnern und Nutzern soll die Tour allen TeilnehmerInnen erlauben, sich anhand dieser exemplarischen Bauten Roland Rainers ein Bild von der Aktualität seiner Ansätze zu machen.