ÖGFA_Themenvisite: Druck- und Verlagshaus „Globus“, Wien
SpecialsDas Bürohaus mit angeschlossenem Betriebsgelände wurde 1954–56 als Musterbetrieb einer modernen Druckerei errichtet, in der klaren Trennung der Bauvolumina voneinander entspricht die Anlage funktionalistischen Prinzipien.
Wilhelm Schütte entwarf nachweislich den achtgeschossigen Bürotrakt, Fritz Weber das Druckereigebäude mit dem markanten Sheddach, Margarete Schütte-Lihotzky den viergeschossigen Personaltrakt mit dem später nach ihr benannten Saal (– der in den 1990er Jahre durch die „Nette-Leit-Show“ zu Popularität kam) und Karl Eder den Zeitungsrotationstrakt. Nach Einstellung des Globus-Verlags wurde das den gesamten Platz beherrschende Bürogebäude 1993–95 umgebaut und das Treppenhaus erneuert. Hier haben heute mehrere Firmen ihren Sitz, in der ehemaligen Druckerei war zwischenzeitlich ein Baumarkt eingemietet.
Derzeit laufen Planungen des Immobilienentwicklers 6B47 (gemeinsam mit dem Projektpartner „Die Wohnkompanie“) zur Umnutzung der teilweise unter Denkmalschutz stehenden Bestandsgebäude und zur Neuerrichtung eines großvolumigen Wohnbaus auf dem Gelände – wahrscheinlich eine letzte Gelegenheit zur Besichtigung der programmatischen „Globus“-Anlage.
ehem. Globus-Gebäude, Wien Wilhelm Schütte
Ort: Höchstädtplatz 3, 1200 Wien
Erreichbarkeit: Straßenbahn 2, 5, 31, 33 oder U6 Dresdner Straße
Neubau: 1954–56
Architektur: Wilhelm Schütte, Fritz Weber, Margarete Schütte-Lihotzky, Karl Eder
Auftraggeber: KPÖ
Es führt: Ute Waditschatka
Expertise: Wolfgang Salcher, BDA
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Wilhelm Schütte Architekt (1900–1968)
Anlässlich des 50-jährigen Todestages von Wilhelm Schütte im Jahr 2018 erscheint im Rahmen eines kleinen Schütte-Schwerpunkts im Herbst eine von der ÖGFA herausgegebene Publikation – der Präsentationstermin wird noch gesondert bekannt gegeben.
Wilhelm Schüttes bewegter Lebenslauf führte von München und Frankfurt über die Sowjetunion als Mitarbeiter der Gruppe von Ernst May schließlich 1938 ins Exil nach Istanbul. Anfang 1947 kehrte Schütte mit seiner Frau, der Architektin Margarete Schütte-Lihotzky in das Nachkriegs-Wien zurück und wurde österreichischer Staatsbürger. Er konnte hier nur wenige Bauten realisieren, da er auf Grund seiner politischen Haltung nur wenige öffentliche Aufträge erhielt. Er engagierte sich in den wichtigsten Vereinigungen wie etwa dem CIAM-Austria und wurde zu einer wesentlichen Schnittstelle zu internationalen Organisationen.
Wilhelm Schütte war aktives Mitglied der ÖGFA und stiftete mit seinem Testament ein Stipendium, das nach 1968 von der ÖGFA an junge ArchitektInnen vergeben wurde. Im November 1968 organisierte die ÖGFA eine Schütte-Gedächtnisausstellung in ihren damaligen Vereinsräumen in der Blutgasse. Ein Teilnachlass seines architektonischen Wirkens und seiner umfangreichen Bibliothek stehen der Forschung als „Archiv Schütte“ in der ÖGFA zur Verfügung. Neben der Buchveröffentlichung, die ihren Fokus auf das ein wenig in Vergessenheit geratene OEuvre Schüttes richtet, werden wir auch zwei seiner wichtigsten, noch erhaltenen Bauten in Wien besuchen.
Text: Ute Waditschatka