Friedrich Kurrent zum 90er
Wie kaum ein anderer aus der Gründergeneration der Österreichischen Gesellschaft für Architektur steht Friedrich Kurrent für den kulturellen und gesellschaftlichen Aufbruch im Österreich der 1960er Jahre, in dem auch die ÖGFA ihre Wurzeln hat. Wenn Otto Kapfinger Kurrent als "mediale Existenz par excellence" bezeichnet, "immer bereit, sich als Sprecher für oder gegen das sonst Ungesagte, Verdrängte, Verschlampte zu exponieren", dann ist damit auch der Impetus charakterisiert, mit dem der damals 34-jährige, der bereits seit den 1950er Jahren als streitbar intellektueller Kopf der Arbeitsgruppe 4 in der österreichischen Architekturszene bekannt war, die Initiative zu diesem, über das berufliche Feld hinaus offenen Forum für Architekturdebatten ergriffen hat. Ein Forum, das nicht der Selbstdarstellung gewidmet sein sollte, sondern einer immer notwendigen Kritik am Status Quo und der Kultivierung eines kritischen Bewusstseins, einer Auseinandersetzung ebenso mit der Logik und Vielfalt der internationalen Moderne wie mit den damals weitgehend verschütteten Wurzeln der österreichischen Architektur der ersten Jahrzehnte des 20. Jahrhunderts, aber auch mit dem aktuellen, insbesondere Wiener Bau- und Stadtplanungsgeschehen.
Von 1973-96 stand dann die Professur für Entwerfen, Raumgestaltung und Sakralbau an der Technischen Universität München im Mittelpunkt seines Wirkens, einer von ideologischen und formalen Vorurteilen befreiten Erforschung von Möglichkeiten der architektonischen Moderne. Danach folgte eine neuerlich verstärkte Einmischung in das österreichische Architekturgeschehen, kämpferisch und unbequem in Sprache und Schrift, differenziert und nachdenklich in Entwürfen, die zu Wettbewerben und im Selbstauftrag entstanden.
Viele dieser Kämpfe verbinden Kurrent gerade in den letzten Jahren wieder mit der ÖGFA, Widerstand gegen verfehlte Zielsetzungen in der Stadtplanung und gegen den respektlosen Umgang mit den gebauten Grundlagen unseres städtischen Bewusstseins verbinden den Einsatz für die Erhaltung der Otto-Wagner-Pavillons am Karlsplatz 1970 mit dem gegen einen Hochhausbau am Heumarkt. In der Maria-Biljan-Bilger-Ausstellungshalle in Sommerrein realisierte Kurrent von 1997 bis 2004 seine persönliche Synthese einer jahrzehntelangen, architektonischen Reise, im Projekt für die Synagoge am Schmerlingplatz entwarf er ein Versprechen. Fünf Bände mit Texten und Projekten aus 6 Jahrzehnten, die in den letzten 20 Jahren bei Pustet und im Verlag Müry-Salzmann erschienen sind, dokumentieren ein Werk, dessen Wirkung offen ist für die Zukunft. Wir überbringen unserem Ehrenmitglied die herzlichsten Glückwünsche.
Wir empfehlen folgende Ausstellung zu Ehren Fritz Kurrent:
FRIEDRICH KURRENT 90
Gezeigt wird eine Auswahl aus den
STÄDTEZEICHNUNGEN von FRIEDRICH KURRENT
und Grüße von Freunden und Weggefährten des Jubilars
in Form von Zeichnungen, Fotografien und Modellen
special guest: Josef Frank, Zeichnung Wohnhaus in Salzburg 1926/27
Ort der Ausstellung: Mezzanin in der Naglergasse 4, 1010 Wien
(ehemals Kupferdruckwerkstatt SCHÖN)
Ausstellungsdauer: 13.-26.09.2021, täglich von 17:00 bis 20:00 Uhr
Ausstellungsinitiative auf persönlichen Wunsch von Friedrich Kurrent, umgesetzt von Heinrich Büchel und Andreas Sternecker.