Stellungnahme WIENER EISLAUFVEREIN / HOTEL INTERCONTINENTAL
Offener Brief an Frau Vizebürgemeisterin und Landeshauptmann‐Stellvertreterin Mag.a Maria Vassilakou
An die sehr geehrte
Frau Vizebürgemeisterin und Landeshauptmann‐Stellvertreterin
Mag.a Maria Vassilakou
Amtsführende Stadträtin für Stadtentwicklung,
Verkehr, Klimaschutz, Energieplanung
und BürgerInnenbeteiligung
Lichtenfelsgasse 2
1010 Wien
Sehr geehrte Frau Vizebürgermeisterin,
nach Abschluss des Wettbewerbsverfahrens Hotel InterContinental ‐ Wiener Eislaufverein liegt es nun an der Stadtplanung, die weiteren Schritte in dieser Sache zu beraten bzw. zu entscheiden. Im Rahmen der Fach‐Diskussionen im Vorfeld des Wettbewerbs haben Sie zugesichert, dass Sie eine Umwidmung auf dieser Liegenschaft nicht ohne breiten Konsens mit der Fachwelt veranlassen werden. Daher wenden wir uns jetzt wieder an Sie mit einer Stellungnahme der unterzeichneten Institutionen und Personen – zum Verfahren und zum ersten Preis des Wettbewerbs.
STELLUNGNAHME
Der Architekturwettbewerb wurde von einer hochkarätigen Jury entschieden. Als Grundlage für die erforderliche Entscheidung über die Änderung der Bauwidmung jedoch bringt der Wettbewerb keine brauchbaren Erkenntnisse.
Die entscheidenden Fragen bezüglich der angemessenen Größe und der Höhenentwicklung der Baumassen wurden den Wettbewerbsteilnehmern nicht adäquat gestellt. Sie konnten somit auch weder beantwortet noch beurteilt werden. Genau davor, nämlich vor der Durchführung des Wettbewerbes ohne vorherige Klärung der wesentlichen Fragestellungen und Rahmenbedingungen, hat die Architektenkammer aufgrund ihrer langjährigen Erfahrung gewarnt, zuletzt auch in der Unterstützungserklärung vom 12.08.2013, aus der wir hier folgende Vorbehalte zitieren:
„Das Fehlen von grundlegenden Festlegungen betreffend u.a. die Gebäudehöhe, die Frage ob Neubau oder Bauen im/mit Bestand sowie einer klaren Positionierung der Stadt Wien zum "Weltkulturerbe Innere Stadt Wien" wird von uns ausdrücklich kritisiert. […] So birgt z.B. das Fehlen klarer Angaben zur Gebäudehöhe die Gefahr in sich, dass die Höhenentwicklung einiger Wettbewerbsvorschläge nicht mit den Vorgaben der UNESCO korreliert.“
Das Ergebnis des Wettbewerbs bestätigt nun die im Vorfeld vorgebrachte Kritik an den ungeklärten bzw. widersprüchlichen Kriterien und Rahmenbedingungen hinsichtlich der bestehenden Rechtslage und der stadträumlichen und stadtpolitischen Argumentation – und ebenso die Kritik an den – für den Bauplatz unangemessenen – Vorstellungen des Investors hinsichtlich Baumasse und Höhenentwicklung.
Der im Vorjahr formulierte Dissens der unterzeichneten Institutionen und Exponenten der Fachwelt mit dem Vorhaben bleibt daher angesichts des aktuellen Projektstandes in vollem Umfang aufrecht.
In diesem Sinn fordern wir weiterhin:
‐ Eine Beschränkung der maximalen Bauhöhe auf die Bestandshöhe des Hotel Intercontinental
‐ Eine entsprechende Reduktion der Baumassen (keine Umverteilung auf Kosten des Freiraums)
Bezugnehmend auf den aktuellen Projektstand fordern wir zusätzlich, keinerlei Übergriff auf den öffentlichen Raum zu genehmigen. Der Versuch an der Lothringerstraße einen ca. 10 m breiten Streifen des Straßenraums dem Projekt zuzuschlagen, was eine klare Überschreitung des in der Ausschreibung festgelegten Wettbewerbsgebiets darstellt, wird entschieden abgelehnt. Ebenso ist es inakzeptabel diesen Übergriff auf den Wiener Eislaufverein abzuwälzen, dessen vertraglich zugesicherte Fläche auf der Liegenschaft selbst durch die ausgeweitete Bebauung erheblich beschnitten wird.
Entschieden in Abrede zu stellen ist insbesondere die Anwendbarkeit der in der Bauordnung vorgesehenen Rechtsargumente für derart umfang‐ und folgenreiche Umwidmungen, wie sie für die Umsetzung dieses Projektes erforderlich wären. Es ist nicht nachvollziehbar, wie diese Umwidmung unter Beachtung der Voraussetzungen lt. §1 WBO, möglich sein sollte. Die im Gesetz angeführten Gründe für eine Umwidmung stehen unter dem Titel „Vorsorge“, „Erhaltung“ bzw. „Sicherstellung“ und beziehen sich stets auf die „Ansprüche“ bzw. „Bedürfnisse der Bevölkerung“, was i.A. als „öffentliches Interesse“ bezeichnet wird.
In den als Beilage angefügten Erläuterungen gehen wir im Detail darauf ein, warum die „wichtigen Rücksichten“ und „bedeutenden Gründe“, die für eine Widmungsänderung lt. §1 WBO vorauszusetzen sind, im gegenständlichen Fall nicht gegeben sind.
Des Weiteren weisen wir darauf hin, dass das Projekt in dieser Form sowohl den Grundsätzen der Hochhausrichtlinien von 2002 (Sichtachsen), als auch der „als Rechenschaftsbericht und als integrierender Bestandteil des Managementplans für die Wiener Welterbegebiete“ 2006 von der Stadt Wien herausgegebenen Publikation „Wien, Weltkulturerbe. Der Stand der Dinge“ (S. 95) widerspricht, die als Ausschlusszonen“ nach den „2002 vom Wiener Gemeinderat beschlossenen Neuen Richtlinien für die Planung und Beurteilung von Hochhausprojekten“ explizit neben „alle[n] wesentlichen Sichtachsen und Blickbeziehungen“ auch „alle Welterbeareale in Wien“ anführt.
Die Unterzeichneten fordern Sie daher auf, sehr geehrte Frau Vizebürgermeisterin, die angeführten Fakten gründlich zu erwägen und für Ihre weitere Vorgangsweise zu berücksichtigen.
Mit freundlichen Grüßen!
Der Vorstand der Österreichischen Gesellschaft für Architektur
Für den Vorstand:
Architektin Mag. Arch. Gabu Heindl, Vorstandsvorsitzende
Der Vorstand der ZV Zentralvereinigung der ArchitektInnen Österreichs
Architektin Mag. Arch. Marta Schreieck, Präsidentin
Univ. Prof. Architektin, DI Maria Auböck
Arch. Dipl. Ing. Markus Geiswinkler
Architekt Mag. Arch. Paul Katzberger
Architekt DI Martin Kiener
Architekturjournalistin Franziska Leeb
ao.Univ.Prof. Dr.sc.tech. Christian Kühn
Vorsitzender der Architekturstiftung Österreich
Der Vorstand der IG Architektur
Univ.‐Prof. DI Dr. Friedmund Hueber
Präsident der Österr. Gesellschaft für Denkmal‐ und Ortsbildpflege
Der Vorstand von DOCOMOMO Austria
HR Professor Dr. Axel Hubmann, Präsident
weiters:
Univ. Prof. Dr. Mag. Friedrich Achleitner
Dipl. Ing. Dr. techn. Renate Banik‐Schweitzer
Architekt Mag. Hermann Czech
Architekturpublizist Otto Kapfinger
Univ. Prof. Architekt Mag. Friedrich Kurrent
Dr. Norbert Mayr
Architekt Dipl. Ing. Manfred Nehrer
Univ. Prof. Architekt Mag. Arch. Gustav Peichl
Dipl. Ing. Gottfried Pirhofer
Univ. Prof. Architekt Dipl. Ing. Hans Puchhammer
Univ. Prof. Architekt Mag. Arch. Anton Schweighofer
Univ. Prof. Arch. Dipl. Ing. Franziska Ullmann
Prof. Architekt Dipl. Ing. Gunther Wawrik
BEILAGE: Erläuterungen
Wien, 31. März 2014
Erläuterungen zur Stellungnahme:
A. „Herbeiführung eines zeitgemäßen Vorstellungen entsprechenden örtlichen Stadtbildes und Gewährleistung des Bestandes“ (§1 Abs.2.14): Wir weisen es entschieden zurück, die Zeitgemäßheit einer Stadt an der Höhe ihrer Bauten zu messen. „Unsere Zeit ist die ganze uns bekannte historische Zeit“ stellte Josef Frank, einer der bedeutendsten Wiener Architekten des 20. Jahrhunderts, fest. Städte wie Zürich oder Kopenhagen, die sicher niemand als „unzeitgemäß“ bezeichnen wird, „gewährleisten“ ihre durchgängigen Bestände historischer Stadtviertel mit hohen stadträumlichen Qualitäten keineswegs durch Verhinderung zeitgemäßer Architektur, sondern durch klare Analyse dieser Qualitäten und durch die Zuweisung von Typologien und Baumaßstäben, die eine Schwächung oder Auflösung dieser Qualitäten nach sich ziehen würden, in andere, dafür geeignete Gebiete. So ist es z.B. mit Zürich West gelungen, in jahrelangen Prozessen zwischen unterschiedlichen Interessenten nicht nur Qualitäten eines weitgehend privat finanzierten neuen Stadtteils auszuhandeln, sondern zugleich die bestehenden Qualitäten der gründerzeitlichen Stadt und des Stadtzentrums vom Druck des Investitionskapitals freizuspielen. Wir sehen das als Beweis, dass der im gegenständlichen Verfahren ständig beschworene „Höhensprung“ kein Naturgesetz ist und Entwicklungen auch im Bereich von Hochhausbebauungen steuerbar sind – zum Vorteil historischer wie neuer Stadtviertel.
1. Höhenentwicklung: Das Wettbewerbsergebnis bestätigt, dass für eine Höhenentwicklung über die Bestandshöhe des Hotel InterContinental hinaus jegliche Rechtfertigung in stadträumlicher Hinsicht und in Hinblick auf das „Stadtbild“ fehlt.
a) Unabhängig von den zitierten Kritikpunkten der Unterstützungserklärung seitens der Architektenkammer, gehen wir daher weiterhin davon aus, dass ein Turm als Luxuswohnimmobilie an diesem Ort ausschließlich den Renditeerwartungen des Investors zuzuschreiben ist und stadt‐ und gesellschaftspolitisch, stadthistorisch und ikonografisch als Signal für diese Rendite wirkt.
b) Auch sozialräumlich wäre er somit ein Signal für die Dominanz privatwirtschaftlicher Interessen über die gerade am Ring beispielhafte Nutzungsvielfalt der Stadt.
c) Morphologisch würde eine solche Überhöhung (3‐fache Höhe der Ringstraßenblocks) einen Bruch mit den räumlichen Qualitäten dieser bedeutendsten städtebaulichen Anlage Wiens darstellen, die in der Durchgängigkeit und Regelhaftigkeit im Verhältnis von Freiräumen und Baumassen liegt und Hochpunkte ausschließlich für genau definierte Orte und bedeutende öffentliche Programme vorsieht.
d) Mittelfristig besteht die Gefahr, dass ein Gewähren einer Widmung aufgrund des Siegerprojekts als Präzendenzfall wirkt, der den Druck auf die Ring‐Zone oder ähnlich sensible Zonen seitens der Immobilienwirtschaft in einem Maß erhöhen würde, das zerstörerische Folgen hätte.
2. Fernwirkung: Der vorgeschlagene Turm steht dominierend im Schnittpunkt mehrerer, in der stadträumlichen Wahrnehmung bedeutender Achsen. Eine Umsetzung des Investorenwunsches nach Sichtbarkeit im Dienst der Vermarktung des Investment hat als Zeichen der völligen Unwirksamkeit der „Hochhausleitlinien“ keine Zukunft und ist als Vorgabe einer Umwidmung unakzeptabel.
a) Stellvertretend seien die Achse der Triester Straße bei der Spinnerin am Kreuz oder die Wienflussachse genannt.
b) Einen Sonderfall stellt der Blick vom Oberen Belvedere in der Kernzone des „Weltkulturerbes“ dar, wo der Turm nun exakt in die Symmetrieachse des Belvederegartens rückt. Von da aus wirkt der Turm besonders massig, da er über Eck gesehen wird. Zusätzlich greift von hier aus dann auch die deutlich erhöhte und verlängerte Hotelscheibe viel stärker als bisher in die Stadtsilhouette ein, wobei unvermeidliche, auf den bisherigen Darstellungen aber fehlende Dachaufbauten, die Wirkung weiter verschlechtern würden.
c) Insgesamt würde das Hochhaus in der Stadtsilhouette durch seine Grundrissmaße, die die Flak‐Leittürme noch deutlich übertreffen, eher als massiver Block, denn als schlanke Vertikale wirken.
3. Ringturm‐Metapher: Ein Vergleich des Siegerprojekts mit dem Ringturm, wie immer wieder prominent angeführt wurde, ist in mehrfacher Hinsicht unhaltbar. Als Rechtfertigung einer Umwidmung ist dieser Vergleich entschieden abzulehnen.
a) Einerseits nimmt der Ringturm stadträumlich durch die Lage am Endpunkt der Ringstraße und an der Einmündung in den Längsraum des Donaukanals stadtmorphologisch eine Ausnahmestellung ein, – während das geplante Hochhaus in Bezug auf den Blockraster und das Polygon der Ringstraße einen in keiner Weise ausgezeichneten Platz einnimmt, – ursprünglich in einem Teilbereich gelegen, der als kontinuierlicher Freiraum (Freizeitund Vergnügungsbereich) gestaltet, keinesfalls als „Hochpunkt“ gedacht war.
b) Andererseits knüpfte der Ringturm als Symbol für sozialen Fortschritt und Wohlfahrt der Nachkriegszeit an die Leistungen des Roten Wien an und verdeutlichte damit die Umwertung der Ringstraße von der imperialen Prachtstraße zum emblematischen Freiraum der Republik. Ein Luxuswohnturm in „Toplage“ ist dagegen nur als Zeichen neoliberaler Politik und einer entsolidarisierten Gesellschaft zu verstehen.
c) Auch in Maß und Proportion ist der Baukörper von der Schlankheit des Ringturms weit entfernt: Er ist mit 21 m Breite in der Frontalansicht vom Karlsplatz bzw. vom Stadtpark genau eineinhalbmal so breit wie der Ringturm.
B. „Vorsorge für Flächen für der Öffentlichkeit dienende Einrichtungen“ (§1 Abs.2.12): Die Ringzone insgesamt und so auch das engere Umfeld der Liegenschaft, der Bereich Stadtpark – Karlsplatz, verfügt über eine hohe Dichte an öffentlichen bzw. der Öffentlichkeit dienenden Einrichtungen und Räumen, deren politischer, sozialer und kultureller Wert unbestritten ist. Das gegenständliche Areal weist in dieser Hinsicht mit dem Wiener Konzerthaus und dem Wiener Eislaufverein besonders attraktive Einrichtungen auf, die keinen Erneuerungsbedarf zeigen, der nicht innerhalb der bestehenden Bebaubarkeit zu erfüllen wäre. Für eine „Querfinanzierung“ über private Widmungsgewinne besteht weder eine Notwendigkeit seitens dieser Institutionen noch eine Argumentationsbasis im Sinn des zitierten Absatzes.
1. Attraktivität des bestehenden Angebots am WEV und am Konzerthaus: Diese wird durch die durchwegs hohen Auslastungen, den hohen Bekanntheitsgrad und die große Beliebtheit beider Einrichtungen belegt. Auch die derzeitige Sommernutzung im Bereich WEV ist durch ihren niedrigschwelligen Zugang und hohe Attraktivität durchaus ähnlichen Nutzungen im Bereich Donaukanal oder Museumsquartier vergleichbar. Der Fortbestand der Einrichtungen des Wiener Eislaufvereins ist durch die positive Bilanzierung und den langfristigen Vertrag mit dem Grundstückseigentümer gesichert.
2. Flächenverlust für den WEV: Eine Umwidmung auf Basis des Wettbewerbsergebnisses würde die auf der Liegenschaft für die Eisfläche des WEV zur Verfügung stehende Freifläche sogar erheblich beschneiden, was jeder Argumentation im Sinn des zitierten Absatzes diametral zuwider läuft.
3. Zusammenfassend wird festgehalten , dass weder das Konzerthaus, noch der Wiener Eislaufverein Bedürfnisse haben, die nur über einen Investor finanzierbar wären und die „Gegenleistung“ einer Umwidmung im vom Investor gewünschten Ausmaß auch nur annähernd rechtfertigen würden.
C. „Vorsorge für Flächen für den erforderlichen Wohnraum“, für „Arbeits‐ und Produktionsstätten“, zur Herbeiführung einer „Vielfalt und Ausgewogenheit der Nutzungen“ oder für die Stellung Wiens „als Konferenz‐ und Wirtschaftsstandort sowie [zur] Sicherstellung der zeitgemäßen Rahmenbedingungen für den Fremdenverkehr“ (§1 Abs.2.1, .2, .3 und .11): In Anbetracht der vorgesehenen Nutzungen sind diese Widmungsgründe für die angestrebte Hochzonung nicht argumentierbar. Luxuswohnungen mit Blick über die Wiener Innenstadt stellen keine „Erforderlichkeit“ im Sinn eines öffentlichen Interesses der Wohnraumbeschaffung dar. Die Ausweitung und Erneuerung der Arbeitsstätten und Nutzungen im Bereich Gastronomie, Tourismus, Fitness usw. ist auch ohne die angestrebte massive Widmungsänderung und Höhenentwicklung möglich. Die Sicherstellung der Stadt Wien als Konferenzstandort wird nicht durch die Widmung eines Turms für Luxuswohnungen gewährleistet. Die „Vielfalt und Ausgewogenheit der Nutzungen“ wird durch die vorgesehenen Programme im Luxusbereich oder mit gewinnbringender Verwertungsabsicht sogar negativ beeinflusst, da diese Programme einen Anstieg des allgemeinen Preisniveaus im Bereich der Liegenschaft und im Umfeld auslösen und in der Folge Bevölkerungsteile ausschließen werden.
1. Fehlende bzw. rein privatwirtschaftliche Bedürfnisse der betroffenen Institutionen:
a) Der Erneuerungsbedarf des Hotels ist rein privatwirtschaftlicher Natur und der Umwegnutzen der öffentlichen Hand ist nicht größer, als der aus einem beliebigen anderen Investment. Erhaltung‐ und Betrieb eines kommerziell geführten Hotels, ebenso wie eine ev. Querfinanzierung einer Erneuerung aus anderen Gewinnen, stellen rein kaufmännische Überlegungen des privaten Investors und keine öffentlichen Themen dar.
b) Eine Abänderung geltender Regeln und Widmungen im vom Investor gewünschten Ausmaß ist daraus nicht zu rechtfertigen, erst recht in Anbetracht der Erfüllbarkeit dieser privatwirtschaftlichen Interessen innerhalb der geltenden Widmungen oder mit höchstens geringfügigen Abänderungen.
c) Gerade an diesem Standort sind „zeitgemäße Rahmenbedingungen für den Fremdenverkehr“ auch innerhalb der bestehenden Widmungen ohne weiteres gegeben, wie die zahlreichen in den letzten Jahren innerhalb bestehender Widmungen entstandenen oder ausgebauten Fremdenverkehrsbauten in der Ringzone beweisen.
2. Luxuswohnungen:
a) Luxuswohnungen können per se kein öffentliches Interesse erzeugen, das als Rechtfertigung einer Umwidmung in Anwendung gebracht werden könnte.
b) Die mit Wachstumsprognosen begründete Dringlichkeit der Schaffung von Wohnraum in diesem Zusammenhang als Argument ins Spiel zu bringen, muss als Zynismus gegenüber 99,9% der Wienerinnen und Wiener, für die die hier angebotenen Wohnungen weit jenseits jeder Leistbarkeitsgrenze liegen werden, zurückgewiesen werden.
3. Sockel und öffentlicher Raum: Das Vorrücken durch den neuen Sockelbau und durch den Turm gegenüber dem Bestand um 20m Richtung Eislaufplatz hat zur Folge, dass die Eisfläche innerhalb der Grundstücksgrenzen nicht im bestehenden (und vertraglich zugesicherten) Ausmaß hergestellt werden kann. Es würde eine massive Beeinträchtigung der Nutzungsmöglichkeiten darstellen.
a) Das Projekt kompensiert die fehlende Eisfläche durch Vorrücken der Grenze des Eislaufplatzes um etwa 10 m in den öffentlichen Raum hinein (um die Breite des heutigen Gehsteigs + Parkspur an der Lothringerstraße), kappt damit die bestehende Promenade und macht die kostspielige Verlegung der B1 erforderlich.
b) Die für den Betrieb und sicherheitstechnisch nötigen Absperrungen der Eisfläche sind in den Projektbildern und Plänen nicht dargestellt, würden aber im öffentlichen Raum massiv in Erscheinung treten. Die Promenade an der Lothringerstraße wäre dadurch in ihrer vollen heutigen Breite blockiert.
c) Insgesamt schafft das Projekt auf Kosten öffentlichen Raums auf Gehsteigniveau privaten, kommerziell verwerteten Raum im Gebäudesockel. Es trägt dadurch nicht nur keineswegs zu öffentlichen Interessen bei, es beschneidet diese sogar.
d) Verschieben der B1: Die durch Vergrößerung des Gebäudesockels bedingte Verschiebung der B1 bedeutet einen kostspieligen, bei Reduzierung der Baumassen vermeidbaren und in der vorgeschlagenen Lösung für den öffentlichen Raum wirkungslosen, jedem Nachhaltigkeitsgedanken widersprechenden Aufwand.
4. Passagen:
a) Der Verlust an öffentlichem Raum kann durch die gedachten Rücksprünge und teilöffentlichen Passagen sowie die nur beschränkt, über Einrichtungen des Hotels (Fitnesscenter, Kongressbereich) zugängliche Terrasse nicht ausgeglichen werden.
b) Im Gegenteil geht die Parallelführung in erster Linie kommerziell genutzter, teilöffentlicher Räume (Passagen) oft zu Lasten der Frequenz im genuin öffentlichen Raum (Gehsteige, Arkaden). Von den allen Bevölkerungsteilen offen stehenden Räumen der Ring‐Zone, wie sie auch die Lothringerstraße charakterisieren, unterscheiden sich diese Räume durch die Nähe zum Konsumzwang und zum damit verbundenen besonderen Ausmaß an Kontrolle, ggf. auch durch zeitweilige Absperrung oder Zugangsbeschränkung für bestimmte Personengruppen.
5. Niveau WEV‐Freifläche:
a) Die gedachte Höhenlage der Eisfläche erlaubt keine niveaugleiche Anbindung des Konzerthauses für den Sommerbetrieb. Die richtige tiefere Lage würde aber das Einschneiden des Eislaufplatzes in den Gehsteigbereich an der Lothringerstraße in ihrer Barrierewirkung noch verstärken. Für die Nutzungsvielfalt des Bereichs ist die vorgesehene Höhenlage der Eisfläche daher abträglich.
b) Sowohl die unterirdische Eishalle, die Turnhalle als auch die Schwimmstrecke sind kavernenartig, ohne natürlichen Lichteinfall, ausschließlich künstlich belichtbar und belüftbar und auch nicht wirklich attraktiv für die Öffentlickeit zugänglich.