Jubiläumsbauvisite 31: Interkulturelles Wohnen (1995)
Architektur: Heidecker & Neuhauser
BauvisiteArchitektur: Heidecker & Neuhauser
(Kurt Heidecker, Herbert Neuhauser)
Mitarbeiter: Kurt Leitner, Susanne Reppé,
Herbert Appelt, Thomas Scheiblbauer
Auftraggeber: GEWOG
Statik: Johann Krizmanich
Aufbauend auf ein Forschungsprojekt von Kurt Leitner, Susanne Reppé und Herbert Appelt.
Migranten sind kein Randphänomen mehr: Etwa ein Viertel der Wiener Bevölkerung hat einen ausländischen Pass, ist in den vergangenen vier Jahrzehnten eingewandert oder ist hier geborenes Kind von Migranten. Und da Wohnungen heute äußerst zielgruppenspezifisch verkauft werden, kann diese Tatsache auch vom Wohnungsmarkt nicht ignoriert werden. Dem Wohnbau am Satzingerweg liegt ein Forschungsprojekt zugrunde, dessen Ziel die Integration von Personen aus verschiedensten Kulturkreisen innerhalb eines Wohnbaus war. Von Anfang an wurden die Bewohner in den Planungsprozess einbezogen. Drei freistehende Baukörper mit insgesamt 51 geförderten Mietwohnungen gruppieren sich um einen Hof, durchgehende, teilweise verglaste Laubengänge bilden die Erschließungen für die einzelnen Wohnungen. Auf Vorräume wurde teils verzichtet, um die Bewohner näher an die halböffentliche Zone zu bringen. Die Gestaltung der halböffentlichen Bereiche, ihr Übergang zu den einzelnen Wohnungen und die bevorzugte Behandlung der Gemeinschaftsräume sollen soziale Beziehungen und unterschiedliche Nutzungen fördern und die Kommunikation anregen. Die von ihrer Lage her besonders begünstigten Gemeinschaftsräume verbinden als Brücke den Eingangsplatz mit dem Hof. Das Projekt wurde 1995 mit dem Wiener Integrationspreis ausgezeichnet, es gibt mittlerweile einige Folgeprojekte in Wien. Diese integrativen Projekte ähneln einander in der Zusammensetzung ihrer Bewohnerschaft aus je zur Hälfte Migranten und Österreichern, und sie alle basieren auf architektonischen Konzepten, die Begegnung und Gemeinschaft ermöglichen oder zumindest ausdrücken sollen. Man könnte interpretieren, dass man in Migranten aus vermeintlich kommunikativeren Kulturen die Hoffnung setzt, die Österreicher zu einem Modell des gemeinschaftlichen Wohnhauses zurück zu führen, das als verloren angesehen wird.