Frank-Stipendium
Josef Frank lehrte von 1919-25 an der Wiener Kunstgewerbeschule, gründete 1925 mit Oskar Wlach in Wien das Einrichtungsunternehmen "Haus und Garten", war 1927 CIAM-Mitbegründer und von 1930-32 Leiter der Internationalen Werkbundsiedlung Wien. 1934 emigrierte Josef Frank gemeinsam mit seiner Frau nach Schweden. In Stockholm begann eine intensive Zusammenarbeit mit dem Einrichtungshaus "Svenskt Tenn", für das er bis zu seinem Tod Möbel, Gebrauchsgegenstände und Stoffe entwarf, die noch heute beliebt sind und bedeutenden Einfluss auf die Ausprägung des Skandinavischen Wohnstils hatten. Am 8. Jänner 1967 ist Josef Frank in Stockholm gestorben.
Die Österreichische Gesellschaft für Architektur verbindet mit Josef Frank eine langjährige Geschichte: Die erste Ausstellung der ÖGFA im Gründungsjahr 1965 war ihm gewidmet und er wurde das erste Ehrenmitglied der noch jungen Gesellschaft für Architektur. Davor hatten sich Friedrich Kurrent und Johannes Spalt aus Anlass des 80. Geburtstages von Josef Frank dafür eingesetzt, dass der "Österreichische Staatspreis für Architektur" - und damit eine längst fällige Ehrung - an Josef Frank verliehen wurde. Er selbst konnte der Verleihung aus Gesundheitsgründen nicht mehr beiwohnen, bedankte sich 1967 aber mit der Einrichtung des "Josef Frank - Stipendienfonds". Das Stipendium wird seit 1968 von der ÖGFA vergeben und soll jungen ArchitekturstudentInnen und ArchitektInnen einen Studien- und Forschungsaufenthalt in Schweden ermöglichen. Aufgrund von zu geringer Dotierung des Fonds konnte das Stipendium im Jahr 2000 zum letzten Mal ausgeschüttet werden. Derzeit wird an einer Wiederaufnahme gearbeitet.
2000 Zukunft Wohnen: Privates und Öffentliches
Das von der ÖGFA vergebene Josef-Frank-Stipendium trug im Jahr 2000 unter dem Titel Zukunft Wohnen: Privates und Öffentliches. Präsentiert und diskutiert wurden die Beiträge im Rahmen des von der ÖGFA veranstalteten Symposions Lifescapes. Das Augenmerk lag auf konkret absehbare Änderungen von Rahmenbedingungen des städtischen Wohnens, wie diese sich auf das Wohnen auswirken und die sich ständig wandelnde Grenze zwischen privat und öffentlich beeinflussen könnten.
Stipendiums-Ausschreibung
Josef Frank hat sich zu seiner Zeit ausführlich mit Fragen der Wohnkultur auseinander gesetzt. Seine Definition, dass »modern nur ist, was uns vollkommene Freiheit gibt«, hat bis heute ihre Faszination nicht verloren.
Angesichts der von Gesellschaftspropheten vorhergesagten massiven Veränderungen unserer Lebenswelt durch Internet und Multimedia, neue Lebensformen und geändertes Sozialverhalten, Neuorientierung der Städte und geänderte Arbeitsverhältnisse wäre Architektur in dieser Hinsicht wieder gefordert. Aber hat sie tatsächlich noch das Potenzial, als Medium gesellschaftlicher Veränderungen wirksam zu sein? Und hat nicht gerade das Wohnen schon viele gravierende soziale und technologische Wandlungen mitgemacht, ohne sich in seiner Form dramatisch zu verändern? So stellt sich auch die Frage, was Wohnen ist: Ein Ort des Rückzugs, der Privatheit, der Gemeinsamkeit bestimmter Individuen, Verortung? Ein Ort, der von der Öffentlichkeit, von medialen und sozialen Einflüssen restlos determiniert ist?
Fördersumme
Die Förderungssumme betrug 25.000 ATS (ca. 1.800 Euro) Der Umfang der Abhandlung in deutscher oder englischer Sprache war mit etwa 20.000 bis 40.000 Zeichen festgelegt. Auch andere Formen als rein textliche Arbeiten waren möglich, jedoch sollte es sich um eine theoretische Arbeit handeln und nicht um einen Entwurf. Das Stipendium richtete sich an alle Disziplinen, die sich mit Fragen des Wohnens beschäftigen. Teilnahmeberechtigt waren Studierende und Fachleute. Alle Teilnehmenden konnten nur jeweils einen, bisher unveröffentlichten Beitrag einreichen. Die genannte Summe wurde für eine preiswürdige Arbeit vergeben.
Jury
Die Jury bestand aus Mitgliedern des Vorstands der ÖGFA – Mark Blaschitz, Peter Döllmann, Judith Eiblmayr, Felicitas Konecny, Bernadette Reinhold und Robert Temel (Juryvorsitz) sowie der externen Expertin Martina Kögl.
Einreichungen
Eingereicht wurden insgesamt 26 Beiträge. Die Bewertung der Arbeiten erfolgte nach den Kriterien Innovation, Relevanz im Hinblick auf die Ausschreibung, Durchdringung der Problematik, sprachliche Qualität, Art der Quellennutzung. Unter den 26 Einreichungen wurden folgende Beiträge ausgezeichnet:
- Christa Kamleithner: »Privat oder öffentlich wohnen, oder privat und öffentlich wohnen«
- Veronika Müller : »Zwischen Privatheit und Öffentlichkeit - Armut«
- Francesca Torello: »Dominating the Conflict: Private/Public in the Democratic Era«
1998 Ein Möbel auf der Höhe der Zeit
Stipendiums-Ausschreibung
Josef Frank hat das Möbel als bewegliches Instrumentarium des häuslichen Wohlbefindens betrachtet. Während er den Raum statisch definierte, sah er im zufälligen Entstehen von Möbelgruppierungen den Ausdruck der individuellen Bedürfnisse der Bewohner abseits jeglicher Repräsentation. Frank hat mit diesem gedanklichen Hintergrund sehr leichte, in Konstruktion und Material optimierte Möbel geschaffen.
In Reflexion der gegenwärtigen gesellschaftlichen Bedingungen soll die Positionierung des Möbels - im doppelten Sinne - überdacht werden. Zu Franks Zeiten drückten sich Differenzen (zwischen privat und repräsentativ, zwischen den Gesellschaftsschichten) in der Mobiliarkultur noch deutlich aus. Der Wechsel der Lebens- und Arbeitssituation einer Person macht das Möbel heute zu einem Gerät, das vielfältige Codierungen ermöglichen soll: was es ist, wofür es steht und woran sich seine "Gebrauchsfähigkeit" erweist.
Das Josef Frank-Stipendium 1998 soll deshalb für einen Möbelentwurf vergeben werden. Die Gesamtförderungssumme beträgt 50000.- ATS. Die Österreichische Möbelindustrie unterstützt diesen Preis mit einem Betrag von 20000.- ATS.
Details:
Die Konzeption des Möbels muß in beurteilungsfähiger Form Die Darstellungsmethode wird als Teil der inhaltlichen Vermittlung des
Konzeptes verstanden. Teilnahmeberechtigt sind Studierende und Fachleute der Architektur, des Designs, des Innenausbaus und verwandter Sachgebiete. Jede/r Teilnehmende kann nur einen, bisher unveröffentlichten Beitrag einreichen. Die zur Verfügung stehende Summe kann auf maximal drei preiswürdige Arbeiten aufgeteilt werden. Die Jury besteht aus dem Vorstand der ÖGFA. Die Vergabe des Stipendiums erfolgt bis Ende November 1998. Das Erstveröffentlichungsrecht wird der ÖGFA für die Zeitschrift UmBau" übertragen.
Jury: Sabine Bartscherer, Erich Bernard, Irmgard Frank (Vorsitzende), Berater der Jury: Tischlermeister Helmut Klar, Wien
Ergebnisse 1998
Ein Möbel auf der Höhe der Zeit
Mit 113 Einreichungen von großteils hohem Niveau hat die Ausschreibung zum Josef Frank-Stipendium 1998 für Möbelentwürfe "auf der Höhe der Zeit" ein sehr großes Echo gefunden. Dieses Resumée ist umso erfreulicher, da das theoretisch zu behandelnde Thema "Zeitgenössische Wohnkultur" (Frank-Stipendium 1997) mit 21 Einsendungen sowohl quantitativ als auch qualitativ enttäuschte, was auf ein Desinteresse an der Theoriebildung hinweist.
Das Spektrum der diesjährigen Einreichungen ist äußerst vielfältig und beinhaltet unter anderem einige Entwürfe in klassischer Frankscher Gesinnung, die auch im Umgang mit dem Material Holz eine entsprechende Detailkultur aufweisen. Zwei Hauptstrategien lassen sich beschreiben: einerseits qualitätvolle Beispiele für spezifische Situationen, die auf einen verallgemeinerbaren Ansatz im Sinne der Ausschreibung überprüft wurden; andererseits innovative konzeptuelle Ansätze, die in der konkreten Ausformulierung entweder Bestätigung finden, oder aber durch einen unangemessenen Gestaltungswillen geschwächt werden. Einige Arbeiten lassen in Hinblick auf die verwendeten Rezeptionskonventionen eine Nähe zu Arbeiten der bildenden Kunst spüren.
Die Kriterien der Jury – Schlüssigkeit des Konzepts, (Multi)Funktionalität in Hinblick auf gegenwärtige Lebensformen, konsistenter Umgang mit Material und Konstruktion und adäquate Vermittlung – konkretisierten sich anhand der Antworten der Projekte auf die Frage, was "auf der Höhe der Zeit" bedeuten kann. Die Vergabe der Preise erfolgte erst nach einer ausführlichen Diskussion innerhalb der Projekte der letzten Runde. Jedes der drei Siegerprojekte vertritt einen gegenwärtig relevanten Ansatz.
Der erste Preis wurde ex aequo an die folgenden beiden Projekte vergeben:
Das "Kastel" "s'quer" der Grazerin Marion Wicher überzeugt durch "die Erweiterung der Kriterien eines vielfältig nutzbaren Möbels um eine austauschbare und damit spezifisch wählbare Lifestyle-Codierung, wobei der Vermarktungsaspekt gleichrangig miteingeschlossen ist. Das Korpusmöbel ist durchaus aus der Designgeschichte bekannt, wird jedoch durch die auswechselbaren Fronten für diverse Lifestyles nutzbar, vom Wandschrank bis zum Rollcontainer – vom Gebrauchsmöbel bis zum minimalistischen Kunstwerk ist dieser Universal-Cubus einsetz- bzw. vorstellbar. Auch die Darstellung des Möbels zu Promotionzwecken entspricht einer professionellen Auffassung vom Wesen des Design, die durch Witz und Ironie in einem künstlerischen Kontext hervorsticht. In Zeiten, wo alles Selbstgebastelte gerne zum Designobjekt hochstilisiert wird, ist eine intelligente Lösung wie diese fast als "Möbel über der Höhe der Zeit" einzustufen.
Der aufklappbare Balkon von Karin Christof aus Wien befriedigt ein tiefsitzendes Bedürfnis der meisten Wohnungsbewohner, nämlich jenes nach anteiligem Außenraum im urbanen Gefüge. Auf die Starre des Mauerwerks wird mit einem mobil einsetzbaren Objekt reagiert, um einen ähnlichen Effekt, wie im Liegestuhl am Balkon liegen, zu erzielen. Allerdings muß das Objekt, das vor allem aufgrund seiner Konzeption Zustimmung fand, noch um kleine Details weiterentwickelt werden; z. B. wäre eine wie auch immer geartete Absturzsicherung kein Nachteil.
Der dritte Preis ging an ein rural anmutendes Sitzmöbel: Die Nuts-Objekte der Wienerin Katahrina Schmidl stellen ein gelungenes Beispiel einer undogmatischen Handhabung ganz differenter Materialien bei gleichzeitig hoher sinnlicher Qualität dar. Stroh, Kunstleder und Folie, die üblicherweise jeweils völlig unterschiedlichen Lebensstilen zugeordnet werden, sind hier zu einem Objekt ohne eindeutige Benennung und Nutzung zusammengesetzt. Dementsprechend unterschiedlich sind auch die Assoziationen, die dieser normierte Strohballen (40 x 50 x 90 cm) evoziert: Schipistensicherung, Matratze, Sitzgelegenheit - alle möglichen Gedankenvariationen sind zulässig. "Varabilität" und "Flexibilität" sind zweifellos hochmoderne Begriffe zur Lebensbewältigung - Nuts ([nuts] Dialektbezeichnung für gut, nett, nützlich) wird diesen in subtiler, aber auch genial einfacher Weise gerecht.
Irmgard Frank und Judith Eiblmayr (dieser Text wurde erstmals im Architektur & Bauforum 2/1999 veröffentlicht)
Preisträger:
1. Preis ex aequo: Karin Christof, coop. Erika Ratvay, Wien, Aufklappbarer Balkon
1. Preis ex aequo: Marion Wicher, Graz, s'quer
2. Preis: Katharina Schmidl, Wien, Nuts-Objekte
Jury:
Sabine Bartscherer, Erich Bernard, Irmgard Frank (Vorsitzende), Berater der Jury: Tischlermeister Helmut Klar, Wien
Sponsor:
Die Gesamtförderungssumme beträgt 50000.- ATS. Die Österreichische Möbelindustrie unterstützt diesen Preis mit einem Betrag von 20000.- ATS.
1997 Thesen zur zeitgenössischen Wohnkultur
Ausschreibungstext:
Josef Frank hat sich zu seiner Zeit ausführlich mit Fragen der Wohnkultur auseinandergesetzt. Seither sind Jahrzehnte vergangen, das Wohnverhalten hat sich unter dem Einfluß des Fernsehens und der neuen Medien gewandelt. Gesellschaftliche Veränderungen wie die Zunahme von Einpersonenhaushalten, die Verringerung der Mitgliederzahl in der Familie, das Anwachsen der Gruppe weiterhin selbständig in ihrer Wohnung lebender hochbetagter Menschen und das sinkende Realeinkommen der Mittelschichten haben eine neue Lage geschaffen.
Das Josef Frank-Stipendium 1997 soll deshalb für eine schriftliche Auseinandersetzung in Form eines Kommentars mit Thesen zur zeitgenössischen Wohnkultur vergeben werden.
Die Gesamtförderungssumme betrug 50000.- ATS. Die Österreichische Möbelindustrie unterstützt diesen Preis mit einem Betrag von 20000.- ATS.
Jury:
Judith Eiblmayr, Irmgard Frank, Christian Kühn, Irene Nierhaus, Walter Zschokke
Ergebnisse 1997
Preisträger:
Für das Stipendium wurden 21 Arbeiten eingereicht. Da keine der Arbeiten nach Ansicht der Jury dem Thema gerecht werden konnte, wurde kein Hauptpreis vergeben. Anerkennungspreise gingen an die folgenden Beiträge:
THESEN ZUR ZEITGENÖSSSICHEN WOHNKULTUR
Herbert Lotz
HOMMAGE - REFERENZ AN EIN ZUHAUSE HEIMATLOSER ARCHITEKTUR
Doris Dockner & Marc Blaschitz
Der Beitrag von Markus Grob, der von der Jury als "zwar nicht unmittelbar auf das Thema bezogener, aber intellektuell und sprachlich herausragender Beitrag" für einen weiteren Anerkenungspreis vorgesehen war, wurde vom Autor mit der Begründung zurückgezogen, die Jury hätte "über das Thema hinaus auch seine Abhandlung bestimmen wollen".