ÖGFA Lecture # 6 Schindler: Philippe Rahm
Architecture as Meteorology
VortragArchitecture as Meteorology
Die Bezeichnung ist nur räumlich, situational, in keiner Weise analogisch.
Roland Barthes, 1964
Für die sechste Ausgabe der Schindler Lecture freuen wir uns besonders, den Architekten Philippe Rahm in Wien begrüßen zu dürfen. Philippe Rahm lebt und arbeitet im schweizerischen Lausanne und in Paris und ist seit der Installation Hormonorium im Schweizer Pavillon der Biennale 2002 in Venedig vielen ArchitekturkollegInnen bekannt. Dieses Projekt, das Philippe Rahm gemeinsam mit Jean-Gilles Décosterd realisierte, simulierte mit Hilfe von intensivem Licht und reduziertem Sauerstoffgehalt im Innenraum eine Gebirgslandschaft und bringt so das Interesse an einer Architektur, die versucht, die physischen Grenzen zwischen Raum und Organismus zu verwischen, auf den Punkt.
Die Mittel, die für eine derartige Veränderung der physiologischen Raumwahrnehmung eingesetzt werden, sind Lichtintensitäten, Gerüche oder hormonelle Substanzen. Philippe Rahm negiert in Anlehnung an Roland Barthes’ Essay Objektive Literatur (Roland Barthes: Am Nullpunkt der Literatur. Objektive Literatur. Zwei Essays. Hamburg, 1959) Bedeutung für die Architektur jenseits der Architektur und will sie so für Interpretationen und Modifikationen, für das Unerwartete und Unbekannte öffnen. So verstanden hinterfragt das Projekt Hormonorium die Sprache der Architektur von innen her, wenn mit quantifizierten Raumparametern gearbeitet wird: ein auf 14,5 Prozent reduzierter Sauerstoffgehalt im Raum, eine gleichzeitig auf 10.000 Lux erhöhte Lichtintensität.
Der Ausgangspunkt für Rahms Architekturen sind jeweils nachhaltige Gebäudetechnologien, die aber nicht, wie im Normalfall, auf ein vorgefertigtes Architekturprojekt hin entsprechend der gängigen Symbolismen und Benutzungen adaptiert werden. Die Technologien generieren vielmehr die architektonische Form. So werden Klimata und Atmosphären zum Leben kreiert. Philippe Rahms Architektur produziert Bedeutung mit der Sprache des Raumes und der Zeit. Sie versucht nicht zu illustrieren, sondern gibt Grund zur Illustration; sie repräsentiert nicht, sondern präsentiert Raum, Zeit, Klima und Physiologien.
In seinem Vortrag Architecture as Meteorology wird Philippe Rahm seine aktuellen Projekte vorstellen, die unter anderem ein Haus für den Künstler Fabrice Hyber in Frankreich, eine Platzgestaltung in Danzig, Polen, und einen Pavillon für die Akademie der Künste im französischen Nantes umfassen.
Wir danken der Schindler Aufzüge und Fahrtreppen AG für das Ermöglichen der Veranstaltung.
Philippe Rahm
Geboren 1969; studierte an der EPF in Lausanne und der ETH in Zürich, Diplom 1993. Lebt und arbeitet in Lausanne (Schweiz) und Paris (Frankreich). Bis 2004 zusammen mit Jean-Gilles Décosterd unter „Décosterd & Rahm, associés“. Unit Master an der AA London, Professor an der ECAL Lausanne, 2003 Gastprofessor an der Ecole Nationale Supérieure des Beaux-Arts in Paris und 2005 an der Akademie für Architektur in Mendrisio, Schweiz.
Ausstellungen (Auswahl): 2006 Canadian Centre for Architecture, Montréal, Kanada; 2005 Centre Pompidou, Beaubourg, Paris; 2005 AA School, London; 2005 Centre Culturel Suisse, Paris; 2005 FRAC Centre, Orléans, Frankreich; 2004 CCA, Kitakyushu, Japan; 2002 8. Architektur-Biennale Venedig, Italien.