Bauvisite 75: Erstes Wiener Strohhaus
Architektur: allmermacke
Bauvisite
15
Oct
Architektur: allmermacke
Bauherren: Karen Allmer und Florian Macke
Statik: Reinhard Schneider
Bauphysik: Thomas Zelger, Erwin Schwarzmüller
Funktion: Wohnung und Atelier
Bauzeit: April-Dezember 2003
Nutzfläche: 180 m2
Nettobaukosten: 180.000 EUR
Es führen Karen Allmer und Florian Macke.
Vorgefunden wurde ein ausbaubarer Dachboden in einem ebenerdigen Hofgebäude mit L-förmigem Grundriss und Pultdach. Das Erdgeschoss wurde im Zuge der Parifizierung des Vorderhauses entkernt und ist als Garage in Verwendung. Am Dachboden war bereits Wohnungseigentum begründet, sodass keine Umwidmung erforderlich war. Um den Ausbau in der vorliegenden Form auszuführen bedurfte es jedoch der Zustimmung des Bezirksbauausschusses.
Prämisse war ein ökologischer Ausbau unter besonderer Berücksichtigung von Kosten- und Ressourceneffizienz in Errichtung und Betrieb. Die Verwendung ökologisch unbedenklicher Baustoffe, Recycling , Materialökonomie und Wärmedämmung standen im Mittelpunkt der Überlegungen. Da der Einsatz von Solarthermie oder einer Holzheizung aufgrund der Innenhoflage als problematisch erschien und Fernwärme nicht zur Verfügung stand, haben wir uns für Gas als kostengünstigen Energieträger entschieden.
Eine aus bauphysikalischer Sicht ungünstige Gebäudegeometrie (großes Oberflächen-Volumen-Verhältnis) und die speziellen Gegebenheiten (z.B. bestehende Feuermauern) stellten besondere Anforderungen an den Wärmeschutz. Diesen wurde mit der Konzeption einer Kältebrücken-freien innenliegenden Wärmedämmebene Rechnung getragen. Im Dach wurden Strohballen als Zwischensparrendämmung verwendet. Der U-Wert der Gebäudehülle liegt bei durchschnittlich 0,15 W/m2K. Die Energiekennzahl beträgt 40 kWh/m2a.
Der Eingang befindet sich in einem überdachten Vorplatzbereich. Von hier aus erschließt eine zentral gelegene zweiläufige Treppe zwei Zwischengeschosse mit Sanitärräumen und die beiden Flügel des Dachgeschosses mit Wohnung und Atelier, sowie jeweils eine Galerie. Das offene Raumkonzept ermöglicht vielfältige Sichtbeziehungen mit Ein-, Aus- und Durchblicken und macht den Innenraum als Einheit erlebbar. Ein hofseitig vorgelagerter Balkon schafft eine Raumerweiterung und zusätzliche Erschließungs- und Nutzungsmöglichkeiten.
Die Bauarbeiten beinhalteten das Abtragen des alten Dachstuhls, das Absenken der Feuermauern, sowie das Schleifen der Kamine und Trempelmauern. Die Traufe wurde hofseitig angehoben und zurückversetzt, der First wurde nach innen versetzt und angehoben. Dadurch konnte das Raumvolumen entscheidend vergrößert werden. Die bestehende Giebelwand wurde gekappt und anstelle des alten Pultdaches ein Walmdach errichtet. Dadurch konnte die Belichtung der benachbarten Innenhöfe verbessert werden.
Die gesamte Konstruktion des Dachgeschosses wurde in Holzleichtbauweise ausgeführt. An der Innenseite der bestehenden Außenwände wurde eine Holzsteherwand vorgesetzt. Der zimmermannsmäßige Dachstuhl wurde als Pfettendach mit einfach stehendem Stuhl ausgeführt. Die Mittelstützen wurden auf quergespannte H-Träger gestellt, die ihrerseits auf den massiven Außenwänden aufliegen. Der Boden wurde als Holzbalkendecke ausgeführt, die zwischen den H-Trägern eingespannt ist. Eine innere Beplankung mit OSB-Platten ersetzt den Windverband und ermöglichte es, die Wand- und Deckenelemente als schubsteife Platten zu rechnen.
Die begehbaren Flächen im Stiegenhaus und auf den Galerien wurden als Gitterroste ausgeführt, die zwischen Wänden und hölzernen Tragscheiben frei eingespannt sind. Diese Lösung ist einerseits kostengünstig und ermöglicht andererseits die Belichtung der darunterliegenden Bereiche.
Aufgrund der Verordnung über Erleichterungen für Kleinhäuser wurde die Verwendung von brennbaren Dämmstoffen (der Klasse B2) genehmigt. Aus Gründen der erhöhten Brandlast wurde jedoch sowohl für innen, als auch für außen eine nichtbrennbare F60-Verkleidung vorgeschrieben.
Zur Erhöhung der wirksamen Speichermasse und zur Pufferung des Feuchtigkeitshaushaltes wurden nicht nur die Wände raumseitig, sondern auch die Zwischenwände mit Lehm verputzt, soferne sie nicht durch Schrankwände ersetzt wurden. Die gesamte Gebäudehülle ist luftdicht und bedingt diffusionsoffen ausgeführt.
Es wurde eine Wandheizung installiert, die von einer Gas-Brennwerttherme versorgt wird. Die Zu- und Abluftführung erfolgt über Dach. Auf eine kontrollierte Raumlüftung mit Wärmerückgewinnung wurde aus Kostengründen und Wirtschaftlichkeitsüberlegungen verzichtet.
In der Verbindung von traditioneller Holzbauweise und moderner Holzbautechnik glauben wir ein ökologisch einwandfreies und aus ganzheitlicher Sicht stimmiges Konzept verwirklicht zu haben, und das zu Kosten unterhalb jener des sozialen Wohnbaus.
Der konsequente Einsatz von Holz und Holzwerkstoffen zieht sich durch alle Bauteile, von der Konstruktion angefangen, über die Beplankung, bis hin zu den Fenstern, zum Bodenbelag und zur Einrichtung, die übrigens integraler Bestandteil des Tragsystems ist. In Verbindung mit Strohballen sind sehr gut wärmegedämmte Außenbauteile bei niedrigen Kosten zu realisieren, und das wie wir an diesem Beispiel gezeigt haben, sogar in Wien. In Kombination mit Stahl ermöglicht der Baustoff Holz leichte und kostengünstige Konstruktionen, die durch ihre Konsequenz und Einfachheit bestechen, wie wir am Beispiel der Gitterroststiege zeigen konnten.
Die Teilnahme an der Bauvisite erfolgt auf eigene Gefahr. Veranstalter und Bauherr übernehmen keinerlei Haftung.
Wir danken für ihre Unterstützung: Kammer Arch+Ing für W, NÖ, B, Sektion Architekten, BKA – Kunstsektion und MA 7 – Wissenschafts- und Forschungsförderung, Variotherm Heizsysteme und Velux.
Bauherren: Karen Allmer und Florian Macke
Statik: Reinhard Schneider
Bauphysik: Thomas Zelger, Erwin Schwarzmüller
Funktion: Wohnung und Atelier
Bauzeit: April-Dezember 2003
Nutzfläche: 180 m2
Nettobaukosten: 180.000 EUR
Es führen Karen Allmer und Florian Macke.
Vorgefunden wurde ein ausbaubarer Dachboden in einem ebenerdigen Hofgebäude mit L-förmigem Grundriss und Pultdach. Das Erdgeschoss wurde im Zuge der Parifizierung des Vorderhauses entkernt und ist als Garage in Verwendung. Am Dachboden war bereits Wohnungseigentum begründet, sodass keine Umwidmung erforderlich war. Um den Ausbau in der vorliegenden Form auszuführen bedurfte es jedoch der Zustimmung des Bezirksbauausschusses.
Prämisse war ein ökologischer Ausbau unter besonderer Berücksichtigung von Kosten- und Ressourceneffizienz in Errichtung und Betrieb. Die Verwendung ökologisch unbedenklicher Baustoffe, Recycling , Materialökonomie und Wärmedämmung standen im Mittelpunkt der Überlegungen. Da der Einsatz von Solarthermie oder einer Holzheizung aufgrund der Innenhoflage als problematisch erschien und Fernwärme nicht zur Verfügung stand, haben wir uns für Gas als kostengünstigen Energieträger entschieden.
Eine aus bauphysikalischer Sicht ungünstige Gebäudegeometrie (großes Oberflächen-Volumen-Verhältnis) und die speziellen Gegebenheiten (z.B. bestehende Feuermauern) stellten besondere Anforderungen an den Wärmeschutz. Diesen wurde mit der Konzeption einer Kältebrücken-freien innenliegenden Wärmedämmebene Rechnung getragen. Im Dach wurden Strohballen als Zwischensparrendämmung verwendet. Der U-Wert der Gebäudehülle liegt bei durchschnittlich 0,15 W/m2K. Die Energiekennzahl beträgt 40 kWh/m2a.
Der Eingang befindet sich in einem überdachten Vorplatzbereich. Von hier aus erschließt eine zentral gelegene zweiläufige Treppe zwei Zwischengeschosse mit Sanitärräumen und die beiden Flügel des Dachgeschosses mit Wohnung und Atelier, sowie jeweils eine Galerie. Das offene Raumkonzept ermöglicht vielfältige Sichtbeziehungen mit Ein-, Aus- und Durchblicken und macht den Innenraum als Einheit erlebbar. Ein hofseitig vorgelagerter Balkon schafft eine Raumerweiterung und zusätzliche Erschließungs- und Nutzungsmöglichkeiten.
Die Bauarbeiten beinhalteten das Abtragen des alten Dachstuhls, das Absenken der Feuermauern, sowie das Schleifen der Kamine und Trempelmauern. Die Traufe wurde hofseitig angehoben und zurückversetzt, der First wurde nach innen versetzt und angehoben. Dadurch konnte das Raumvolumen entscheidend vergrößert werden. Die bestehende Giebelwand wurde gekappt und anstelle des alten Pultdaches ein Walmdach errichtet. Dadurch konnte die Belichtung der benachbarten Innenhöfe verbessert werden.
Die gesamte Konstruktion des Dachgeschosses wurde in Holzleichtbauweise ausgeführt. An der Innenseite der bestehenden Außenwände wurde eine Holzsteherwand vorgesetzt. Der zimmermannsmäßige Dachstuhl wurde als Pfettendach mit einfach stehendem Stuhl ausgeführt. Die Mittelstützen wurden auf quergespannte H-Träger gestellt, die ihrerseits auf den massiven Außenwänden aufliegen. Der Boden wurde als Holzbalkendecke ausgeführt, die zwischen den H-Trägern eingespannt ist. Eine innere Beplankung mit OSB-Platten ersetzt den Windverband und ermöglichte es, die Wand- und Deckenelemente als schubsteife Platten zu rechnen.
Die begehbaren Flächen im Stiegenhaus und auf den Galerien wurden als Gitterroste ausgeführt, die zwischen Wänden und hölzernen Tragscheiben frei eingespannt sind. Diese Lösung ist einerseits kostengünstig und ermöglicht andererseits die Belichtung der darunterliegenden Bereiche.
Aufgrund der Verordnung über Erleichterungen für Kleinhäuser wurde die Verwendung von brennbaren Dämmstoffen (der Klasse B2) genehmigt. Aus Gründen der erhöhten Brandlast wurde jedoch sowohl für innen, als auch für außen eine nichtbrennbare F60-Verkleidung vorgeschrieben.
Zur Erhöhung der wirksamen Speichermasse und zur Pufferung des Feuchtigkeitshaushaltes wurden nicht nur die Wände raumseitig, sondern auch die Zwischenwände mit Lehm verputzt, soferne sie nicht durch Schrankwände ersetzt wurden. Die gesamte Gebäudehülle ist luftdicht und bedingt diffusionsoffen ausgeführt.
Es wurde eine Wandheizung installiert, die von einer Gas-Brennwerttherme versorgt wird. Die Zu- und Abluftführung erfolgt über Dach. Auf eine kontrollierte Raumlüftung mit Wärmerückgewinnung wurde aus Kostengründen und Wirtschaftlichkeitsüberlegungen verzichtet.
In der Verbindung von traditioneller Holzbauweise und moderner Holzbautechnik glauben wir ein ökologisch einwandfreies und aus ganzheitlicher Sicht stimmiges Konzept verwirklicht zu haben, und das zu Kosten unterhalb jener des sozialen Wohnbaus.
Der konsequente Einsatz von Holz und Holzwerkstoffen zieht sich durch alle Bauteile, von der Konstruktion angefangen, über die Beplankung, bis hin zu den Fenstern, zum Bodenbelag und zur Einrichtung, die übrigens integraler Bestandteil des Tragsystems ist. In Verbindung mit Strohballen sind sehr gut wärmegedämmte Außenbauteile bei niedrigen Kosten zu realisieren, und das wie wir an diesem Beispiel gezeigt haben, sogar in Wien. In Kombination mit Stahl ermöglicht der Baustoff Holz leichte und kostengünstige Konstruktionen, die durch ihre Konsequenz und Einfachheit bestechen, wie wir am Beispiel der Gitterroststiege zeigen konnten.
Die Teilnahme an der Bauvisite erfolgt auf eigene Gefahr. Veranstalter und Bauherr übernehmen keinerlei Haftung.
Wir danken für ihre Unterstützung: Kammer Arch+Ing für W, NÖ, B, Sektion Architekten, BKA – Kunstsektion und MA 7 – Wissenschafts- und Forschungsförderung, Variotherm Heizsysteme und Velux.