ÖGFA - Weihnachtsführung
Vienna’s Shooting Girls. Jüdische Fotografinnen aus Wien
AusstellungsführungÖGFA - Weihnachtsführung mit Ausstellungskuratorin Iris Meder
Eintritte müssen vor Ort gezahlt werden.
Begrenzte TeilnehmerInnenzahl. Anmeldung bis 06.12.2012, 9 Uhr.
Gruppenpreis (ab 10 TeilnehmerInnen) 7 Euro pro Person, zahlbar vor Ort.
reguläre Preise:
10 Euro nicht ermäßigt
8 Euro Studenten
5 Euro Schüler, Lehrlinge
Jüdische Fotografinnen prägten das kulturelle Leben Wiens in der Ersten Republik mit ihren Arbeiten maßgeblich. Höhere Schulbildung und eine Berufsausbildung waren Teil des jüdischen Selbstverständnisses. Mit der Fotografie bot sich eine realistische Möglichkeit zu reüssieren und auch künstlerisch ernst genommen zu werden. Als eine der ersten Wienerinnen des 20. Jahrhundert erkannte Dora Kallmus das Potenzial der Fotografie als Karrierechance. Sie verstand es, als Madame d’Ora einen eigenen unverwechselbaren Stil zu kreieren und mit großem Erfolg von Wien nach Paris zu exportieren. Österreichs Fotografinnen waren vor allem in der Mode- und Portraitfotografie führend. Die Präsenz beruflich erfolgreicher jüdischer Frauen in der Wiener Gesellschaft illustrieren nicht zuletzt auch ihre Portraits aus den Ateliers von Fotografinnen, die sich ihrerseits eine eigene berufliche Existenz geschaffen hatten.
Die Arbeitsfelder der Wiener Fotostudios waren vielfältig: vom Gesellschafts-, Künstler-, Tänzer- und Schauspieler-Portrait über Modefotografie bis hin zu Produkt-, Architektur-, Großstadt- und Landschaftsfotografie. Tanzfotografie stellte in der großen Zeit des modernen Tanzes ein eigenes Genre dar, mit fließenden Übergängen zur Aktfotografie. Die in größerem Maß als je zuvor sichtbaren trainierten Körper der Tänzerinnen und Tänzer waren ebenso ein Faszinosum wie die Darstellung von charakteristischen Bewegungsabläufen und Posen und von avantgardistischen Kostümen, die oft von Künstlern entworfen waren. Die Portraitfotos vermitteln die unterschiedlichen Facetten des sich im Verlauf weniger Jahrzehnte stark wandelnden modernen Menschen- und vor allem Frauenbildes im ersten Drittel des 20. Jahrhunderts, auch und gerade in jüdischen Kreisen. Vor allem die 1920er Jahre waren symptomatisch für ein Frauenbild, das mit Riesenschritten in Richtung Moderne stürmte.
Parallel zur Entstehung von Fotostudios in weiblicher Hand waren Frauen auch in der Szene der Amateur- und Kunstfotografen ihrer Zeit äußerst aktiv. Cécile Machlup, Betti Mautner und Käthe Serog waren Mitglieder in Amateurfotografen-Vereinen, stellten Fotografien aus, veröffentlichten in Zeitungen und Zeitschriften und wurden von ihren Zeitgenossen geschätzt und geehrt. Protagonistinnen des „Neuen Sehens" in der österreichischen Fotografie waren Stefanie Brandl und Margaret Michaelis. Beispiele für den am Bauhaus gelehrten freien Umgang mit Genres und Techniken sind die Fotomontagen von Friedl Dicker.
In der Reportagefotografie war Alice Schalek eine Vorreiterin. War sie im Ersten Weltkrieg noch die einzige Frau unter den fotografierenden Kriegsberichterstattern, so stieg die Zahl der Reportagefotografinnen in den 1920er und vor allem in den 1930er Jahren, begünstigt durch die Entwicklung handlicher Kleinbild- bzw. Mittelformat-Kameras, stark an. Während „die Schalek“ generell affirmativ berichtete, dokumentierten Edith Suschitzky (Edith Tudor Hart), Margaret Michaelis, Gerti Deutsch, Marianne Bergler, Annie Schulz und Trude Geiringer mit kritischem Blick die sozialen Errungenschaften, aber auch das Elend der Jahre der Wirtschaftskrise in Wien, Prag und Barcelona.
Mit der Emigration der meisten jüdischen Fotografinnen nach dem „Anschluss“ erfuhr ihre Tätigkeit nur wenig später einen radikalen Bruch. Die Ausstellung im Jüdischen Museum Wien folgt auch dem Weg der Fotografinnen ins Exil.