Kein Geld für Spektakel

Architektur in der Krise

Ist die Stararchitektur am Ende? Ist die Krise heilsam für ein gesundschrumpfen der Architektur? Das war das Thema einer Architekturdiskussion, die von der Architekturzeitschrift "Umbau" veranstaltet wurde. Austragungsort war der Hotel- und Shoppingturm von Jean Nouvel am Donaukanal in Wien.

Kultur aktuell, 20.12.2010

Für Spektakelarchitektur gibt es in Krisenzeiten kein Geld mehr. Aus aller Welt kommen Meldungen, dass die vor allem durch Höhe und himmelschreiende Ästhetik punkten wollen, eingestellt werden. Das ist die gute Nachricht.

Die schlechte: qualitätsvolle Großbauten wie das T-Mobile Center in St. Marx von Günter Domenig wären heute nicht mehr möglich, weil sie wirtschaftlich zu riskant wären, bedauert Thomas Jakoubek, der Bauherr dieses Centers und Vorstand der WED, die die Türme auf der Donauplatte errichtet hat: "Herausragende Architektur brauche ich punktuell schon, weil sie einen Mitnahme-Effekt hat. Es zeigt dem Management, den Entscheidungsträgern in den Banken, wie etwas anders ausschauen kann und dass das gar nicht so schlecht ist - es wird darüber geschrieben und gesprochen. Ich kenne diese Diskussionen."

Missbrauchte Stararchitekten

Auf diese Weise würden Stararchitekten letztlich auch missbraucht, meint der frisch gebackene Staatspreisträger Wolfgang Pöschl und erzählt dass die Architekturszene in Tirol auf einer breiteren Basis steht: "Warum haben in Tirol alle Architekten eine Arbeit? Weil sie irgendwann einmal aufgehört haben zu sagen: Ich bin der Einzige, ich bin der Größte und gesagt haben: Ich weiß, der kann das besser, geh zu dem, wenn du das willst und komm zu mir, wenn du was anderes willst. Das ist genau diese Differenzierung. Man soll junge Leute nicht mit einem Jean Nouvel oder einer Zaha Hadid motivieren, sondern man soll ihnen sagen: Geht's dort hin, wo niemand einen Architekten vermutet, dort wo gar keiner an einen Architekten denkt - dort müssen die Architekten hingehen."

Kulturjournal, 20.12.2010

Gefahr des Verschwendungsvorwurfs

Im Osten Österreichs traut sich die öffentliche Hand - wegen Skandalen wie um den Skylink - nicht mehr über Großprojekte, weil sie immer die Gefahr des Verschwendungsvorwurfs mit sich bringen. Nicht einmal der Umbau des Parlaments wird in Angriff genommen, wo schon seit fünf Jahren Wasser durch die Decke kommt.

Der Wille zum Sparen, gepaart mit mangelndem Sachverstand führt dann zu angeblich innovativen Modellen, die die Verluste auch nur auf die lange Bank schieben, sagt Thomas Jakoubek, seit vierzehn Jahren Geschäftsführer in einem Public-Privat-Partnership-Modell (PPP) ist: "Mit PPP-Modellen möchte ich nur den Rat geben, bitte keine zu machen, weil da gibt es immer nur einen Dummen am Schluss - und das ist meistens die öffentliche Hand. Da werden die Interessen so verteilt, dass letztlich der Private den Nutzen hat und die öffentliche Hand hineinzahlt. Da kann sie es gleich selbst machen und besser gestalten. Bei diesen öffentlichen Aufgaben: Die öffentliche Hand hat diese Aufgaben und soll sie bitte auch durchziehen."

Politik ist verunsichert

Auch beim Schulbau - wie bei den Inhalten - ist die Politik verunsichert, worauf es wirklich ankommt und will keine Entscheidungen treffen. Sabine Gretner von den Grünen, die kürzlich das Ressort für Stadtentwicklung übernommen hat: "Früher - zum Beispiel beim Wiener Schulbauprogramm - war man stolz auf Qualität. Und jetzt - hab ich das Gefühl - ist man stolz, wenn's möglichst billig geht und im Kostenrahmen bleibt und nichts Unvorhergesehenes passiert ist. Insofern sind Stararchitektur-Bilder, die oberflächlich betrachtet sehr effektvoll sind, gefährlich, weil die machen Auftraggebern Angst."

Keine rosigen Zeiten für Großprojekte und Stararchitekten also. Die Projekte in den überschaubaren und menschlichen Dimensionen werden aber weiterhin gebaut.

Textfassung: Rainer Elstner